Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Walter Gasperi · 03. Sep 2020 · Film

Aktuell in den Filmclubs (4.9. - 10.9. 2020)

Das TaSKino Feldkirch zeigt diese Woche die queere Sommerkomödie "Amore al dente". Im FKC Dornbirn – und bei den anderen Filmclubs in den kommenden Wochen – steht dagegen die surreale spanische Groteske "Die obskuren Geschichten eines Zugreisenden" auf dem Programm.

Amore al dente – Ein fast gewöhnlicher Sommer: Für den Sommerurlaub hat die Fischerfamilie Petagna einen Teil der Villa des reichen Tony Castelvecchio (Fabrizio Bentivoglio) gemietet. Aber nicht nur Carlo Petagna (Alessandro Gassmann) reist mit seiner Familie an, kurz darauf stellen sich auch die beiden Töchter von Tony ein. Geplant haben das freilich die beiden Familienoberhäupter, denn bald teilen sie ihren Angehörigen mit, dass sie in drei Wochen heiraten wollen. Den erwachsenen Kindern passt das allerdings gar nicht und so beginnen Tonys älteste Tochter Penelope (Jasmine Trinca) und Carlos Sohn Sandro (Filippo Scicchitano) bald die Heiratspläne ihrer Väter zu hintertreiben.
Gegensätze sind ein bewährtes Aufbauprinzip von Komödien und so lebt auch der zweite Spielfilm Simone Godanos vor allem vom Aufeinanderprallen der beiden Familien. Da stehen sich nicht nur schicke Kleidung und Styling der exzentrischen Castelvecchios einfachem und etwas ungepflegtem Auftreten der Petagnas gegenüber, sondern mit den unterschiedlichen sozialen Schichten auch konträre Wertvorstellungen. Geschickt streut der 43-jährige Regisseur auch bruchlos in den komödiantischen Grundton gefühlvollere Momente ein und lässt die Protagonisten eine Wandlung durchmachen.
Dank flotter Handlungsführung und leichthändiger Inszenierung ist dieses luftige Plädoyer für Toleranz und Offenheit durchgängig unterhaltsam, auch viel Italianità mit Sonne, Meer und flotter Musik sorgen für Wohlgefühl. Tiefgang darf man freilich nicht erwarten, sodass diese queere Sommerkomödie nach 100 Minuten ohne Nachhall verpufft. – In der verunsichernden und beunruhigenden Corona-Zeit ist das aber vielleicht nicht das schlechteste Gegenmittel.
TaSKino Feldkirch im Kino Rio: Fr 5.9. bis Do 10.9.

Die obskuren Geschichten eines Zugreisenden - Ventajas de viajar en tren: Bei einer Zugfahrt wird die Verlegerin Helga (Pilar Castro) von einem Mitreisenden (Ernesto Alterio) angesprochen, der sich als Psychiater vorstellt. Er überschüttet sie nicht nur mit seinem Redefluss, sondern beginnt bald auch die groteske Geschichte eines Patienten (Luis Tosar) zu erzählen, der an Paranoia litt.
Auf der Hut sollte der Zuschauer bei dieser unbändigen Fabulierfreude sein, denn immer wieder erweisen sich die Erzähler als höchst unzuverlässig. Abrupt verabschiedet sich auch der Psychiater aus dem Zug, womit ein zweites Kapitel einsetzt, in dessen Mittelpunkt die abgründige Geschichte Helgas steht.
Wenn sie als Verlegerin, für die Autor, Erzähler und Figuren immer wieder verschwimmen, vorgestellt wird, verweist Aritz Moreno gleichzeitig auf das zentrale Motiv seines Films: Auch sein Debüt ist ein lustvolles Spiel mit Personen und Erzählsituationen und feiert die Macht von Fiktionen.
Leichthändig wechselt der Spanier dabei zwischen düsterem Thriller und schwarzer Komödie und unterhält mit zahlreichen Wendungen. Auch ein Faible für Drastisches und Ekliges ist nicht zu übersehen, wenn es um den Gestank von Müllbergen geht, auch Exkremente, Hundenahrung oder ein menschliches Gehirn serviert und gegessen werden.
So originell "Die obskuren Geschichten eines Zugreisenden" aber auch ist, so fehlt doch die anarchische Sprengkraft, die die surrealistischen Filme Luis Buñuels, mit denen diese Groteske oft verglichen wird, auszeichnet. Nicht als Gesellschaftskritiker, sondern als gewiefter Spieler, der vor Einfallsreichtum sprüht, präsentiert sich Moreno.
FKC Dornbirn im Cinema Dornbirn: Mi 9.9., 18 Uhr + Do 10.9., 19.30 Uhr
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi 16.9., 20 Uhr
TaSKino Feldkirch im Kino Rio: Mi 30.9., 18 Uhr; Do 1.10., 20.30 Uhr; Fr 2.10., 22 Uhr


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