Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Walter Gasperi · 03. Okt 2019 · Film

Aktuell in den Filmclubs (4.10. - 10.10. 2019)

Im Egg Museum wird diese Woche anlässlich der Ausstellung zu Franz Michael Felder Edgar Reitz´ grandioses Meisterwerk "Die andere Heimat - Chronik einer Sehnsucht" gezeigt. In der LeinwandLounge in der Remise Bludenz steht die flotte italienische Komödie "Nonna Mia! - Liebe ohne Abzüge" auf dem Programm.

Die andere Heimat – Chronik einer Sehnsucht: Fast vier Stunden lang lässt Edgar Reitz den Zuschauer in die Welt des fiktiven Dorfes Schabbach im Hunsrück in den 1840er Jahren eintauchen. Jakob (Jan Dieter Schneider)  träumt von der Emigration nach Brasilien, studiert die Sprachen der Indianer und blickt sehnsüchtig den langen Kolonnen der Planwagen und Karren nach, die immer wieder am Horizont durch die Landschaft ziehen. Viele wandern in dieser Zeit aufgrund von Hungersnöten, der hohen Kindersterblichkeit, eisiger Winter und der Willkürherrschaft des Adels aus: „Etwas Besseres als den Tod finden wir überall“ lautet die mehrfach wiederholte bittere Erkenntnis.
Dem Träumer Jakob steht sein bodenständiger Bruder Gustav (Maximilian Scheidt) gegenüber, der ganz nach dem Vater schlägt und in der Schmiede zupackt.
Mit stupendem Detailreichtum und einem Erzählrhythmus, der auch der Rhythmus dieser langsameren Epoche ist, lässt Reitz den Zuschauer in das alltägliche ländliche Leben in der Mitte des 19. Jahrhunderts eintauchen. Nichts wirkt gestellt, sondern eine längst vergangene Zeit erwacht hier zum Leben, wenn man dem Schmied bei der Arbeit, dem Dreschen von Stroh, dem Onkel am Webstuhl oder der Feldarbeit zusieht.
Nie verfällt diese große Chronik, die immer wieder zum Dorfplatz mit der Schmiede zurückkehrt, ins kurzatmig anekdotische Abhaken von Ereignissen, sondern jeder Szene wird die Zeit zugestanden, die sie braucht. So authentisch Reitz aber auch diesen Alltag schildert, so geht „Die andere Heimat“ doch weit über Realismus hinaus, wenn sich in die brillanten Schwarzweißbilder von Gernot Roll plötzlich ein feuerrotes Hufeisen, eine blaue Wand, eine Goldmünze, blühender blauer Flachs auf dem Feld, ein grüner Hochzeitskranz oder der gelb leuchtende Schweif eines Komets mischen und wenn sich, wenn Jakob in einem Buch von Windböen liest, plötzlich auch im Dorf ein Sturm aufzieht. Magische Kinomomente von seltener Kraft und Eindringlichkeit sind dies.
Im historischen Gewand erzählt "Die andere Heimat" dabei freilich von Universellem und grundsätzlich Menschlichem: Vom Traum und der großen Sehnsucht der Jugend nach Freiheit und einem besseren Leben, der immer wieder kollidiert mit dem Wunsch nach Zugehörigkeit und Verwurzelung - nach Heimat - und vom Weiterleben trotz des Zerbrechens dieser Lebensträume.
Egg Museum: Do 10.10., 19.30 Uhr

Nonna mia! – Liebe ohne Abzüge: Claudia (Miriam Leone) ist eine junge Kunstrestauratorin, die den Tod ihrer Großmutter verheimlicht, um weiterhin deren Rente zu beziehen, Simone (Fabio De Luigi) ist dagegen ein unbestechlicher Steuerfahnder, der selbst bei seiner Ex-Frau keinen Steuerbetrug duldete. Die Begegnung dieser konträren Protagonisten bringt zahlreiche Täuschungen und Verwicklungen, doch bald stellt sich für Simone die Frage, ob seine Prinzipien oder seine Gefühle stärker sind.
Aktuelle Probleme wie Steuerhinterziehung, Wartezeiten auf staatliche Zahlungen und Korruption sprechen Giancarlo Fontana und Giuseppe Stasi zwar an, aber diese sind in erster Linie doch nur das Movens für eine turbulente Liebesgeschichte, die an die amerikanischen Screwball-Komödien der 1930er und 1940er Jahre anknüpft. Tiefgang darf man nicht erwarten, aber rasantes Erzähltempo, sommerlich-lichtdurchflutete Bilder, flotte Dialoge und Slapstickmomente sowie die bestens harmonierenden Hauptdarsteller sorgen für 100 unterhaltsame Minuten.
LeinwandLounge in der Remise Bludenz: Mi 9.10., 19 Uhr