Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Walter Gasperi · 30. Dez 2021 · Film

Aktuell in den Filmclubs (31.12. 2021 - 6.1. 2022)

In mehreren Filmclubs steht in dieser Woche mit "The French Dispatch" Wes Andersons neue filmische Wundertüte auf dem Programm. Eine hinreißende französische Komödie wird dagegen mit Agnès Jaouis "Champagner & Macarons – Ein unvergessliches Gartenfest" im Feldkircher Kino Rio im Rahmen des Seniorenkinos gezeigt.

The French Dispatch: In schier atemlosen Tempo stellt Wes Anderson in seiner neuesten filmischen Wundertüte zunächst den Gründer und Chefredakteur des französischen Ablegers eines amerikanischen Magazins vor, um dann die Storys eines Reisejournalisten, einer Kunstkritikerin und einer Politjournalistin folgen zu lassen
Eine Starparade sondergleichen fährt der Texaner auf, wenn von seinen Stammschauspielern Bill Murray, Owen Wilson und Adrien Brody über Tilda Swinton, Frances McDormand, Benicio del Toro, Willem Dafoe bis Lea Seydoux, Mathieu Amalric und Christoph Waltz auftritt, was Rang und Namen hat. Und doch ordnen sich diese Stars immer den Geschichten unter. Perfekt versteht es Anderson dieses Ensemble einzusetzen, gleichzeitig bleibt aber immer der Regisseur mit seinem Einfallsreichtum der eigentliche Star des Films.
Denn Anderson belässt es nicht beim inhaltlichen Einfallsreichtum und enormen Erzähltempo, sondern wirbelt auch lustvoll und leichthändig filmische Formen durcheinander. Nicht nur zwischen Breitwand- und 4:3-Format wechselt der Film immer wieder, sondern auch zwischen Farbe und Schwarzweiß und in den Realfilm mischt sich mit einer animierten Verfolgungsjagd gegen Ende auch eine hinreißende Cartoon-Szene.
Ausgetüftelt bis ins Letzte sind nicht nur die Farbdramaturgie von Kameramann Robert D. Yeoman, die Kostüme von Milena Canonero und das Production-Design von Adam Stockhausen, sondern auch der Soundtrack, bei dem Alexandre Desplat nicht nur auf Songs von Grace Jones und Charles Aznavour und auf Melodien von Ennio Morricone und Georges Delerue, sondern auch auf Johann Sebastian Bach zurückgreift. – Auch wenn der Film in Einzelteile zerfällt: Hier wird ein furioses filmisches Feuerwerk abgebrannt.
Kinotheater Madlen, Heerbrugg: Mo 3.1., 20.15 Uhr
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Do 6.1., 20 Uhr
Gasthof Jöslar, Andelsbuch: So 9.1., 19.30 Uhr (Menü mit Voranmeldung um 18 Uhr)

Champagner & Macarons – Ein unvergessliches Gartenfest: Eine düstere Auftaktszene lässt ahnen, dass das Gartenfest mit dem die Fernsehmoderatorin Nathalie (Léa Drucker) ihre Villa am Stadtrand von Paris einweihen will, nicht ganz harmonisch verlaufen ist, doch erst am Ende kehrt Agnès Jaoui zu diesem Einstieg zurück. Zunächst scheint nämlich nichts die Stimmung trüben zu können. Licht und Farben evozieren Sommerstimmung und im Garten tummeln sich bei Getränken und Häppchen zahlreiche Gäste.
Ganz auf das Fest und diesen einen Nachmittag und Abend konzentriert sich Jaoui und nimmt die einzelnen Gäste unter die Lupe. Lustvoll lässt sie dabei Gegensätze aufeinanderprallen, aus denen sich der Witz entwickelt. Denn da stehen sich nicht nur TV-Promis und die Landbevölkerung gegenüber, sondern auch der zunehmend erfolglosere und alternde TV-Moderator Castro (Jean-Pierre Bacri) und junge Hip-Hopper um einen Youtube-Star (Mister V). Mit Castros Chauffeur und einer Kellnerin, die lieber Selfies mit den Berühmtheiten macht als sich um die Gäste zu kümmern, kommt auch die arbeitende Bevölkerung als Gegenpol zur genießenden High-Society  ins Spiel, auch die Migrationsthematik wird nicht ausgespart und Konflikte zwischen Mann und Frau dürfen freilich auch nicht fehlen.
Jaoui, die selbst Castros Ex-Frau spielt, macht sich mit geschliffenen Dialogen über jede Gruppe lustig und deckt das explosive Potential auf, das in den sozialen Gegensätzen stecken kann, wenn sich am Ende die Aggressionen entladen. Dank genauen Blicks rechnet sie treffsicher und bissig mit der heutigen Handy- und Medienwelt ebenso ab wie mit dem Gieren nach Berühmtheit und der Sehnsucht nach ewiger Jugend. Nie ist der Spott aber vernichtend, denn immer spürt man, dass die Regisseurin ihre Figuren liebt und ihr deren Verhalten, deren Fehler und Schwächen nur allzu vertraut sind.
Seniorenkino im Kino Rio, Feldkirch: Mo 3.1., 15 Uhr

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