Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Walter Gasperi · 06. Jän 2022 · Film

Aktuell in den Filmclubs (7.1. - 13.1. 2022)

Im Kinotheater Madlen in Heerbrugg läuft diese Woche mit Hans Steinbichlers "Hannes" die Verfilmung eines Romans von Rita Falk, in dem eine Männerfreundschaft gefeiert wird. Am Spielboden Dornbirn steht "Sameblod - Das Mädchen aus dem Norden" auf dem Programm, in dem Amanda Kernell bewegend von der Diskriminierung der Samen im Schweden der 1930er Jahre erzählt.

Hannes: Nach einem Motorradunfall liegt Hannes (Johannes Nussbaum) mit einem schweren Schädel-Hirntrauma im Koma. Die Eltern von Hannes und dessen Freundin Nele machen Moritz (Leonard Scheicher), mit dessen schlecht gewarteter Maschine Hannes unterwegs war, ebenso Vorwürfe wie die gemeinsamen Freunde. Schuldgefühle plagen auch Moritz selbst. Alles möchte er tun, damit Hannes wieder ins Leben zurückkehrt, verbringt Nächte am Krankenbett in der Klinik und führt für Hannes dessen Leben als Zivildiener in einem Heim für psychisch Kranke fort.
Mit Moritz als Off-Erzähler bietet Hans Steinbichler in seiner Verfilmung eines Romans der durch die Eberhofer-Krimis bekannten Rita Falk einerseits in kurzen Erinnerungen Einblick in die lebenslange Freundschaft des Duos. Andererseits entwickelt der gebürtige Schweizer die Handlung nach vorne, lässt den verträumten Moritz sich durch die neue Situation und die neue Aufgabe wandeln.
Mit kraftvoller Musik steigert Steinbichler immer wieder die Emotionen, wechselt fließend zwischen Drama und komödiantischen Momenten, die das Aufkommen von Sentimentalität verhindern. Postkartencharakter entwickeln die Bilder der Südtiroler Berge zwar in ihrer Wiederholung, verstärken mit ihrer Schönheit und ihren leuchtenden Farben aber auch die Emotionalität und Vitalität des Films. Wie der Bewegung mit den Motorradfahrten der Stillstand im Krankenzimmer gegenübersteht, so stellt Steinbichler auch immer wieder Moritz´ Erinnerungen an jugendliche Lebenslust und Lebensfreude die bitteren Seiten des Lebens mit dem Koma von Hannes und der Situation der Heimbewohner gegenüber. Doch trotz der ernsten Thematik ist dies nie ein niederschmetternder Film, sondern einer der mit Leidenschaft die Schönheit des Lebens und der Freundschaft feiert.
Kinotheater Madlen, Heerbrugg: Mo 10.1., 20.15 Uhr + Di 11.1., 17.30 Uhr


Sameblod – Das Mädchen aus dem Norden:
Amanda Kernell erzählt in ihrem Spielfilmdebüt am Schicksal einer 14-jährigen Samin zutiefst bewegend von der Demütigung dieser Volksgruppe im Schweden der 1930er Jahre. Wie Zirkustiere werden die samischen Schüler*innen im Internat vorgeführt. Die Verwendung der eigenen Sprache wird ihnen verboten, ihr Körper wie im NS-Rassenwahn vermessen. Nicht verwundern kann es, dass Elle Marija angesichts dieser Schikanen ihre Identität zunehmend verleugnet, sich als Schwedin ausgibt und in den Süden des Landes flüchtet.
Leise, aber erschütternd erinnert Kernell gerade durch die Konzentration auf die von Cecilia Sparrok großartig gespielte Protagonistin an diesen weitgehend vergessenen schwedischen Rassismus. Gleichzeitig erzählt sie aber auch bewegend von diesem Befreiungsversuch Elle Marjas und dem Preis, den sie für diesen Bruch mit ihren Wurzeln und die bedingungslose Anpassung an den schwedischen Lebensstil zahlen muss.
Immer wieder macht die 32-jährige Regisseurin, die selbst Tochter eines Samen und einer Schwedin ist, in langen Einstellungen die Einsamkeit dieses Teenagers erfahrbar. Viel Zeit lässt sie auch der in jeder Szene präsenten Sparrok, die Gefühle der jungen Samin ohne viele Worte einfühlsam zu vermitteln. Gerade durch diese ruhige Erzählweise entwickelt diese Coming-of-Age-Geschichte eine Tiefe und emotionale Kraft, die dafür sorgen, dass man dieses fiktive Schicksal und damit auch das der schwedischen Samen insgesamt nicht so schnell vergessen wird.
Spielboden Dornbirn: Do 13.1., 19.30 Uhr


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