Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Walter Gasperi · 02. Jul 2020 · Film

Aktuell in den Filmclubs (3.7. - 9.7. 2020)

Ausgebucht sind die beiden Open-Air-Vorführungen von "BlacKkKlansman" und "Parasite" am Spielboden Dornbirn, einzig auf nicht abgeholte Tickets kann man hier an den Filmabenden hoffen. Im dunklen Kinosaal zeigt dagegen das TaSKino Feldkirch diese Woche Roman Polanskis Aufarbeitung der Dreyfus-Affäre in "J´accuse – Intrige", während beim Filmforum Bregenz mit "Lindenberg – Mach dein Ding!" ein Biopic auf dem Programm steht.

J´accuse - Intrige: Nach dem Roman von Robert Harris zeichnet Roman Polanski aus der Perspektive eines französischen Offiziers die Dreyfus-Affäre nach, bei der Ende des 19. Jahrhunderts das aus Antisemitismus resultierende Fehlurteil gegen einen jüdischen Offizier eine Staatskrise auslöste.
Die Meisterschaft von Polanski und Harris besteht einerseits in der Verdichtung des 600-seitigen Romans auf einen 130-minütigen Spielfilm. Kein Gramm Fett gibt es hier, ebenso sachlich, wie präzise und mit großem Ernst wird erzählt. Große Dichte entwickelt „J´accuse – Intrige“ durch diese schnörkellos-kompakte Inszenierung und das zurückhaltende, aber intensive Spiel des hochkarätigen Ensembles.
Ein Kammerspiel ist dieser Polit- und Gerichtsthriller, verzichtet wird auf prunkvolle Ball- und Gesellschaftsszenen, die sonst oft Filme über das Fin de Siècle prägen. Vielmehr wird in den meist in Halbdunkel getauchten, sorgfältig ausgestatteten Büros und den von dunklem Blau und Grau bestimmten Uniformen, aus denen nur schmale rote Partien herausstechen, dicht die Stimmung der Zeit und die Macht des Militärs beschworen.
Gleichzeitig ist „J´accuse – Intrige“ aber gerade im Verzicht auf jede Modernisierung, brennend aktuell. Packend warnt Polanski im historischen Gewand vor dem heute wieder grassierenden Antisemitismus und der zunehmenden Fremdenfeindlichkeit, zeigt eindringlich die Folgen von politischen Intrigen, Machtmissbrauch und Lügen auf, und stellt diesem das entschlossene Eintreten eines Einzelnen für eine Überzeugung und für Gerechtigkeit und nicht zuletzt die Macht der Medien gegenüber.
TaSkino Feldirch im Kino Rio: Mo 6.7., 18 Uhr; Di 7.7., 20.30 Uhr; Mi 8.7., 18 Uhr; Do 9.7., 20.30 Uhr

Lindenberg – Mach dein Ding! Die Erfolge des heute 73-jährigen Rockmusikers spart Hermine Huntgeburth aus, sie beschränkt sich auf den Weg von seiner Kindheit in der westfälischen Provinz bis zum Durchbruch 1983.
Mit detailverliebter Ausstattung und viel zeitgenössischer Musik beschwört die Regisseurin intensiv sowohl die familiären Verhältnisse in den 1950er Jahren als auch die Atmosphäre in den Hamburger Etablissements, in denen Lindenberg Anfang der 1970er Jahre spielte.
Einerseits erzählt „Lindenberg!“ dabei auf privater Ebene von ersten Erfahrungen in der Liebe und der Freundschaft zum Bassisten Steffi, andererseits wird auch Einblick in die damalige deutsche Musikszene geboten. Deutsch wurden nur schnulzige Schlager gesungen, Englisch war die Sprache der Rockmusik, weil Deutsch als Sprache der Nazi-Täter galt.
Huntgeburth arbeitet heraus, wie Lindenberg (großartig: Jan Bülow) auf der Suche nach seinem eigenen Stil sich zunächst in diese Vorgaben fügte, den Durchbruch aber erst schaffte, als er damit brach: „Zeig ihnen deine Seele!“ ist hier die zentrale Aufforderung der Bordellbesitzerin, nach der der junge Musiker mit einem deutschen Song das Publikum begeistert.
Gleichzeitig erinnert der Film aber auch daran, wie Lindenberg als erster schon in den frühen 1970er Jahren mit „Mädchen aus Ostberlin“ die deutsche Teilung verarbeitete und die Sehnsucht nach Wiedervereinigung zum Ausdruck brachte.
Die Kunst Huntgeburths besteht daran, dass dies nie aufgesetzt wirkt, sondern dank leichter und verspielter, von viel Witz durchzogener Erzählweise schlüssig in die Handlung verpackt wird.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Do 9.7., 20 Uhr