Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Walter Gasperi · 02. Jun 2022 · Film

Aktuell in den Filmclubs (3.6. - 9.6. 2022)

Der FKC Dornbirn zeigt diese Woche Asghar Farhadis packende Parabel „A Hero – Die verlorene Ehre des Herrn Soltani“. Das Skino Schaan präsentiert im Kunstmuseum Vaduz Lucrecia Martels ebenso faszinierenden wie in seiner Langsamkeit auch fordernden historischen Film „Zama“.

A Hero – Die verlorene Ehre des Herrn Soltani: Als der wegen Schulden im Gefängnis sitzende Rahim Soltani Goldmünzen, die seine Freundin gefunden hat, bei einem Freigang nicht zur Zahlung seiner Schulden verwendet, sondern den Eigentümer sucht und sie diesem zurückgibt, wird er von der Gefängnisleitung und in den sozialen Netzwerken gefeiert. Doch ist Rahim wirklich ein ehrenhafter Mann oder hat er die Geschichte nur zwecks Selbstinszenierung erfunden?
Wie schon in „Nader und Simin – Eine Trennung“ und „The Salesman“ dreht Asghar Farhadi souverän an der Schraube der Spannung und Verunsicherung. Meisterhaft durchleuchtet der zweifache Oscar-Preisträger die unterschiedlichen Beziehungsfelder von der Familie über die Gefängnisleitung und die Stadtverwaltung bis zum Wohltätigkeitsverein und zum Gläubiger, die alle ihre eigenen Interessen verfolgen. Dicht zurrt er diese Bereiche in bestechender Dramaturgie zusammen, steigert vom klaren Beginn an sukzessive die Unsicherheit speziell gegenüber Rahim.
Wie in seinen früheren Filmen überlässt Farhadi die Entscheidung über seinen Protagonisten dem Publikum. Indem vorwiegend aus seiner Perspektive erzählt wird, hegt man zwar eher Sympathien für den zumal am Beginn meist nett lächelnden Mann, doch sicher ist hier nichts. Durchaus möglich ist auch, dass im Grunde der Gläubiger Recht hat, weil er den durchtriebenen Rahim durchschaut hat.
Aber nicht nur um Stolz, Ehre und um Angst vor Schande geht es hier, sondern auch um Instrumentalisierung zunächst des Häftlings, den man als Aushängeschild präsentieren kann, und dann auch von Rahims sprachbehindertem Sohn. Aber auch die Macht der sozialen Medien wird aufgedeckt, wenn mit einem Post oder Video ein Mensch zum Helden und Ehrenmann aufgebaut, kurz darauf aber auch seine Glaubwürdigkeit diskreditiert und sein Ansehen zerstört werden kann.
FKC Dornbirn im Cinema Dornbirn:
Mi 8.6., 18 Uhr + Do 9.6., 19.30 Uhr

Zama: Die Argentinierin Lucrecia Martel erzählt in ihrem ersten historischen Film von einem Kolonialbeamten, der in einem südamerikanischen Kaff sehnlichst auf die Versetzung in eine kultiviertere Gegend und zu seiner Familie wartet. – Doch der Brief des Königs kommt nicht.
Eine geschlossene Handlung will sich in der stark elliptischen Erzählweise von Martel nicht einstellen. Mehr als eine Geschichte zu entwickeln, beschwört sie wie schon in ihrem Debüt „La Cienaga“ eine Atmosphäre des Stillstands und der Lethargie. An Becketts „Warten auf Godot“ erinnert „Zama“ darin und verzichtet auch nicht auf ebenso witzige wie irritierende Momente, wenn einmal plötzlich ein Lama in der Amtsstube neben Gouverneur und Zama steht.
Mit einem Schnitt überspringt Martel mehrere Jahre und schickt Zama nun als gealterten Mann mit mächtigem Bart auf die Suche nach einem Verbrecher und seiner Bande. An den Stillstand tritt damit die Bewegung und an vorwiegend in Brauntöne getauchte ruhige statische Einstellungen, die durch die sorgfältige Kadrage und ein starkes Sounddesign für den geduldigen Zuschauer einen hypnotischen Sog entwickeln können, in kräftiges Grün getauchte weite Totalen der Gras- und Sumpflandschaft.
Beckett wird damit auch abgelöst durch eine Conradsche Reise ins Herz der Finsternis. Dass diese für Zama nicht gut enden kann, ist freilich bei diesem ebenso faszinierenden wie in seiner Langsamkeit und seinen Auslassungen auch fordernden Film von Anfang an klar.
Skino im Kunstmuseum Vaduz: Do 9.6., 20.15 Uhr

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