Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Walter Gasperi · 28. Jun 2018 · Film

Aktuell in den Filmclubs (29.6. - 5.7. 2018)

Das Filmforum Bregenz bietet in dieser Woche mit Lars Kraumes Spielfilm „Das schweigende Klassenzimmer“ packend Einblick in die Unterdrückungsmechanismen in der ehemaligen DDR. Der FKC Dornbirn zeigt dagegen Markus Imhoofs Dokumentarfilm „Eldorado“, in dem der Schweizer Regisseur persönliche Erinnerungen feinfühlig mit der heutigen Flüchtlingskrise verwebt.

Das schweigende Klassenzimmer: Zwei Schweigeminuten als Protest gegen das Vorgehen der Sowjetunion beim Ungarnaufstand 1956 scheinen für eine Schulklasse in der DDR kein großes Ding zu sein. Doch diese zwei Minuten setzen ein Räderwerk in Bewegung, das Folgen für das ganze Leben der SchülerInnen haben wird.
Mit sorgfältiger Ausstattung evoziert Lars Kraume von Anfang an atmosphärisch dicht die Stimmung der Zeit, zieht gleichzeitig den Zuschauer mit dynamischer Kamera und ebenso knappen wie prägnanten Szenen ins Geschehen. Geschickt konzentriert er sich auf wenige Schüler, über die er mit einem Arbeitersohn und dem Sohn eines Stadtratvorsitzenden auch in unterschiedliche Biographien und Lebenswelten blicken lässt.
Etwas schulbuchmäßig sind zwar diese Familien angelegt und allzu gezielt geht es darum ein breites Bild der Gesellschaft der DDR zu zeichnen. Aber durch den bestechenden Aufbau und die stringente Erzählweise packt "Das schweigende Klassenzimmer" durchgängig. Detailliert schildert Kraume, wie die Behörden den psychischen Druck auf die Schülerinnen zunehmend erhöhen und welche Mittel angewendet werden, um deren Solidarität zu brechen und sie zum Verrat zu bewegen. Wenn hier auch die familiären Verhältnisse ins Spiel gebracht werden, wird deutlich, dass dieser Staat vor nichts zurückschreckt. Soll man sich selbst treu bleiben und sich damit viele Chancen im Leben verbauen oder soll man dem Druck nachgeben? – Zeitlos sind die Fragen nach Integrität und Loyalität, die hier aufgeworfen werden.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Sa 30.6., 22 Uhr


Eldorado:
Am Beginn von Markus Imhoofs Dokumentarfilm steht ein schwarzweißes Foto der kleinen Giovanna und die Erinnerung des Regisseurs an seine Kindheit, als der Vater Soldat an der Schweizer Grenze stationiert war und er mit seiner Mutter 1941 zum Güterbahnhof ging, um ein Flüchtlingskind abzuholen.
Die persönlichen Erinnerungen verwebt der Schweizer feinfühlig mit der heutigen Flüchtlingskrise und folgt ausgehend von einem Hubschrauberflug übers Mittelmeer und der Aufnahme gekenterter Flüchtlinge in einem Rettungsschiff ihrem Weg in die Schweiz, das für sie das Goldland „Eldorado“ darstellt, bis hin zur Abschiebung.
Weniger auf einzelne Schicksale fokussiert Imhoof als vielmehr auf bestimmte Stationen der Flüchtlinge. Immer wieder stellt er dabei einen Bezug zwischen der Situation in Afrika und Europa her, wenn er einen Nigerianer zeigt, der in seiner Heimat Milchvieh züchten will, aber die EU Regelungen erlässt, die den Export billiger Milch nach Afrika unterstützt, um den europäischen Milchberg abzubauen, sodass dem Nigerianer die Existenzgrundlage entzogen wird.
Gleichzeitig erinnert Imhoof daran, dass im 19. Jahrhundert auch die Eidgenossenschaft Flüchtlinge kannte, als viele Schweizer aufgrund wirtschaftlicher Notlage ihre Heimat in Richtung „Eldorado“ USA verließen.
Kein wütender polemischer Film ist das, sondern ein von tiefer Menschlichkeit durchzogener, der bewusst macht, wie viel falsch läuft und wie viel man anders machen könnte. Vor allem plädiert „Eldorado“ bewegend für eine Überwindung des Egoismus und eine Stärkung des „Wir“-Gefühls, denn schließlich sind wir ja alle Bürger dieser Erde.
FKC Dornbirn im Cinema Dornbirn: Mi 4.7., 18 Uhr + Do 5.7., 19.30 Uhr