Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Gunnar Landsgesell · 21. Jun 2018 · Film

Am Strand

Sind es Klassendünkel, emotionale Blockaden oder einfach Ängste, die ein junges Paar in Bristol Anfang der 1960er Jahre scheitern lassen? Regisseur Dominic Cooke verfilmt ein Buch des preisgekrönten Autors Ian McEwan zwischen britischer Noblesse und rätselhaften Konflikten.

Sport verbindet, sagt man gemeinhin, und das gleiche gilt auch für die Musik. Hier treffen Milieus aufeinander, die ansonsten eher abschätzig voneinander sprechen, besonders im England der 1960er Jahre. Florence (Saoirse Ronan) und Edward (Billy Howle) lernen sich über die klassische Musik kennen, bald sind sie ein, wenngleich reserviertes, Liebespaar. Die akkurate Florence stammt aus einer bürgerlichen Familie, in der man Edward freilich als unstatthaft, als Bauerntölpel verunglimpft. Der Liebe sind in Dominic Cookes Regiedebüt „Am Strand“ somit enge Grenzen gesetzt. Von außen umwehen Klassendünkel die beiden, während ihr Gefühlsleben mehr Wunden reißt, als dass es sie verbindet.

Schlimme Verkrampfungen

„On Chesil Beach“, so der Originaltitel, geht auf ein Buch des preisgekrönten britischen Autors Ian McEwan zurück. Seine Bücher wurden mehrfach verfilmt, darunter „Atonement“, „The Comfort of Strangers“ oder „The Cement Garden“. Regisseur Dominic Cooke zeigt sich mit „Am Strand“ als behutsamer, wenngleich etwas unentschiedener Erzähler. Oft sind es unerklärlich melancholische Stimmungen, die seine fein austarierten Bilder bestimmen, während für die schwelenden Konflikte kein Ventil gefunden wird. Das plagt das Paar, und man fragt sich, woher deren Verkrampfungen wohl herrühren mögen.
Wenn Edward seine Geliebte küsst, dann tut er das nicht einfach, sondern sagt, nun müsse er sie küssen. Und wenn die beiden ein romantisches Abendessen genießen wollen, wird die Luft plötzlich so dick, dass sie nur noch nach draußen flüchten mögen. Dann klemmen Reisverschlüsse, Strümpfe werden anbehalten, Ängste liegen in der Luft und das Bett wird zum Ort, um eine der vielen Rückblenden zu eröffnen.
Wie hier vom Scheitern der ersten sexuellen Begegnung erzählt wird, kann auch als Gegenentwurf zum Image der Sechziger Jahre als Hort frei ausgelebter Bedürfnisse verstanden werden. Dennoch folgt „On Chesil Beach“ seinen Protagonisten auf eine etwas zu stoische Art. Anstatt direkter Konfrontation wird man über Rückschauen und das Ausstellen emotionaler Blockaden an zwei Charaktere geführt. Deren Pein erschließt sich nur zum Teil, das Korsett der beiden ist auch zu dem des Films geworden. Eine Schlüsselszene findet am titelgebenden Strand statt, wo die Wellen endlos die kleinen bunten Steinchen neu formieren. Hier wird plötzlich Klartext gesprochen, mit schwerwiegenden Folgen, allerdings. Die Gefühle, die nach einem großen Zeitsprung ins Sentimentale kippen, besitzen aber eine verführerische Kraft.