Derzeit in den Vorarlberger Kinos: The Zone of Interest (Foto: Filmcoopi Zürich)
Walter Gasperi · 28. Nov 2019 · Film

Aktuell in den Filmclubs (29.11. - 5.12. 2019)

Beim TaSKino Feldkirch steht diese Woche Francesco Brunis feinfühlige Tragikomödie "Tutto quello che vuoi - Alles was du willst" auf dem Programm. Am Spielboden Dornbirn bietet Ralph Fiennes mit dem Spielfilm "Nurejew - The White Crow" Einblick in das Leben des legendären russischen Balletttänzers.

Tutto quello che vuoi - Alles was du willst: Welten trennen den alten, an Alzheimer erkrankten Dichter Giorgo (Giuliano Montaldo) und den 22-jährigen Alessandro (Andrea Carpenzano), der am liebsten den ganzen Tag mit seinen Freunden herumhängt und vom großen Geld träumt. Als ihm sein Vater aber mit Rauswurf aus der Wohnung droht, erklärt Alessandro sich widerwillig bereit, den alten Mann bei seinen täglichen Spaziergängen zu begleiten.
Langsam führen die Menschenliebe Giorgos, sein würdevolles und elegantes Benehmen aber bei dem aufbrausenden und aggressiven jungen Mann zu einer Wandlung. Als ein Computerspiel über den Zweiten Weltkrieg Erinnerungen Giorgos an Kriegsfreunde und einen Schatz wecken und Gegenwart und Vergangenheit für ihn zu verschwimmen beginnen, beginnt Alessandro nicht nur Nachforschungen zu den Erzählungen anzustellen, sondern macht sich schließlich auch mit seinen Freunden und Giorgio von Rom in die Toscana auf, um den vergrabenen Schatz endlich zu heben.
Mit viel Fingerspitzengefühl hat Francesco Bruni, der sich vom Schicksal seines Vaters zu diesem Film inspirieren ließ, diese Geschichte vom Gegensatz von Alt und Jung und von Lebenserfahrung und Orientierungslosigkeit inszeniert. Trotz der ernsten Themen Alter, Demenz und Tod wird diese warmherzige Tragikomödie nie deprimierend, sondern bleibt immer leicht und hoffnungsvoll.
Vertrauen kann Bruni dabei freilich auch auf seine beiden Hauptdarsteller. Während Giuliano Montaldo souverän Giorgos Ruhe und Sanftmut vermittelt, glaubt man auch Andrea Carpenzano in jeder Sekunde die Wandlung und quasi zweite Geburt Alessandros.
TaSKino Feldkirch im Kino Rio: Sa 30.11., 22 Uhr; Mo 2.12., 18 Uhr; Di 3.12., 20.30 Uhr; Mi 4.12., 18 Uhr

 

Nurejew – The White Crow: Nur in kurzen Rückblenden, die farblich fast auf Schwarzweiß reduziert sind, bietet Ralph Fiennes Einblick in die Kindheit des 1938 in einem Waggon der Transsibirischen Eisenbahn geborenen Rudolf Nurejew. Schon damals galt er als „White Crow“, als Außenseiter. Weitere Rückblenden kreisen um seine tänzerische Ausbildung in Leningrad, bei der schon seine Arroganz und seine Unerschrockenheit gegenüber den Behörden sichtbar werden, sowie sein Verhältnis zum sanftmütigen Ballettlehrer Alexander Puschkin (Ralph Fiennes) und dessen Frau.
Dreh- und Angelpunkt des Films, der auf Julie Kavanaghs „Nurejew. Die Biografie“ basiert, ist aber der dreiwöchige Aufenthalt des Leningrader Kirow-Balletts in Paris im Frühjahr 1961. Am Höhepunkt des Kalten Kriegs will die Sowjetunion dem Westen damit seine künstlerische Überlegenheit demonstrieren. Dass Rudolf Nurejew (1938-1993) freilich nicht in seine Heimat zurückkehren wird, macht schon die Auftaktszene deutlich, in der ein sowjetischer Beamter den Ballettlehrer informiert, dass sich sein Schüler abgesetzt habe.
Ein kluger Schachzug von Fiennes war es, sich auf den Parisaufenthalt Nurejews zu konzentrieren. Statt in einen anekdotischen Szenenbogen abzugleiten, entwickelt er so eine dichte Charakterstudie. Zurückhaltend bleibt dabei die Inszenierung, vertraut auch auf den russischen Balletttänzer Oleg Ivenko, der nicht nur mit kurz gehaltenen, aber großartigen Tanzszenen begeistert, sondern auch die Ambivalenz von Nurejew zwischen künstlerisch sehr interessiertem und arrogantem und verletzendem jungen Mann meisterhaft vermittelt.
Auf dramatische Szenen kann Fiennes dabei getrost verzichten, durchgehend spannend bleibt dieses Porträt dennoch dank der überzeugenden Verschränkung von Gegenwart und Rückblenden (Drehbuch: David Hare) sowie starken Schauspielern. Ruhig, aber konzentriert entwickelt sich „The White Crow“ lange, erst am Ende dreht Fiennes so richtig auf, wenn Nurejew sich entscheiden muss, ob er in Paris bleiben oder in die Sowjetunion zurückkehren will und die sowjetischen Beamten den Absprung verhindern wollen. Da wird schließlich aus der Charakterstudie ein Thriller, der packt, obwohl sein Ausgang allgemein bekannt ist.
Spielboden Dornbirn: Fr 29.11. + Sa 7.12. – jeweils 19.30 Uhr