Derzeit in den Vorarlberger Kinos: The Zone of Interest (Foto: Filmcoopi Zürich)
Walter Gasperi · 27. Okt 2022 · Film

Aktuell in den Filmclubs (28.10. - 3.11. 2022)

Am Spielboden Dornbirn läuft diese Woche im Rahmen des monatlichen Horrorfilms Alex Garlands „Men". Visuell aufregendes Kino bietet aber auch in der Kinothek Lustenau Guillermo del Toros Film noir-Remake „Nightmare Alley".

Men: Eine etwa dreißigjährige Frau (Jessie Buckley) zieht sich nach dem Tod ihres Mannes von London in ein Landhaus zurück. Bald wird sie aber nicht nur von einem nackten Waldmenschen bedroht, sondern auch ein Priester legt übergriffig seine Hand auf ihr Knie und gibt ihr die Schuld am Tod ihres Mannes. Dazu kommt ein Junge, der sie zwingen will, mit ihr Versteck zu spielen, und bald taucht auch ein unsympathischer Polizist in ihrem Garten auf, der das Stalking des Waldmenschen als harmlos abtut und die Ängste der jungen Frau nicht ernst nimmt.
Recht platt ist im Grunde zwar die Abrechnung mit toxischer Männlichkeit, doch verstörend wird „Men" nicht nur dadurch, dass Alex Garland mit einer Ausnahme alle Männerrollen mit Rory Kinnear besetzt und dieser somit nicht für Figuren, sondern für den Mann an sich steht. Auch die brillante visuelle Gestaltung und der starke Soundtrack, bei dem auch ein sakraler Choral eine wichtige Rolle spielt, sorgen für große atmosphärische Dichte und Spannung. Wunderbar ist auch, mit wie wenig Dialog Garland insgesamt auskommt und weitgehend mit Bildern und Musik erzählt. Aufregend wird aber auch mit Bildeinfällen die Misogynie immer wieder in einen religions- und kulturhistorischen Kontext. Denn neben biblischen Verweisen gibt es auch eine Referenz auf den mythischen „Grünen Mann", der sich bis auf den griechischen Waldgott Pan zurückverfolgen lässt.
Nach „Ex Machina" und "Annihilation" beweist sich Garland somit auch mit seinem dritten Kinofilm als großer Stilist, der ebenso bildmächtige wie kunstvolle Gestaltung und aktuelle Themen so zu verbinden versteht, dass aufregendes modernes Genrekino entsteht, das so zu packen und zu verstören vermag, dass man das Gesehene nicht so schnell vergisst.
Spielboden Dornbirn: Sa 29.10., 19.30 Uhr


Nightmare Alley:
Schon ein Jahr nach dem Erscheinen von William Lindsay Greshams Roman 1946 wurde „Nightmare Alley" („Der Scharlatan") von Edmund Goulding verfilmt. Aus den 111 Minuten des Originals werden bei Guillermo del Toros Remake 150 Minuten. Ausführlicher kann er so das Jahrmarkt-Milieu schildern, in dem der Film einsetzt. Hier arbeitet sich in den immer noch von der Weltwirtschaftskrise geprägten späten 1930er Jahren ein Obdachloser (Bradley Cooper) mit Gelegenheitsjobs langsam hoch, indem er sich die Tricks eines Mentalisten abschaut. So verlässt er schließlich den Jahrmarkt und feiert in vornehmen Clubs mit seinen Auftritten Erfolge, betrügt dabei auch seine Zuschauer:innen, bis er in einer Psychoanalytikerin (Cate Blanchett) ein mindestens gleichwertiges Gegenüber findet.
Getragen von einem starken Bradley Cooper, hinter dessen äußerer Sanftheit immer der unbedingte Wille, mit allen Mitteln einen gesellschaftlichen Aufstieg zu erreichen, spürbar ist, entwickelt del Toro langsam, aber dicht die Handlung. Passender für das schäbige Jahrmarktmilieu wäre zwar die schmutzige Ästhetik eines kleinen B-Films gewesen, doch die visuelle Brillanz (Kamera: Dan Laustsen, Ausstattung: Tamara Deverell) beschert Augenschmaus und die hochkarätige Besetzung, aus der neben Cooper wieder einmal Willem Dafoe als Jahrmarkt-Chef und Cate Blanchett als eiskalte Blondine herausstechen, sorgen dafür, dass „Nightmare Alley" über zweieinhalb Stunden hochwertige und spannende Unterhaltung bietet, auch wenn die Geschichte von den Abgründen der menschlichen Seele speziell im amerikanischen Kino natürlich schon oft erzählt wurde.
Kinothek Lustenau: Di 1.11., 20 Uhr + Mi 2.11., 18 Uhr


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