Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Walter Gasperi · 20. Okt 2022 · Film

Aktuell in den Filmclubs (21.10. - 27.10. 2022)

Am Spielboden Dornbirn geht diese Woche die Philipp Fussenegger-Werkschau mit den beiden mittellangen Filmen „Die Skilehrer – Geld spielt keine Rolex" und „Bester Mann" zu Ende. Beim Filmforum Bregenz steht dagegen mit „Petite Maman" ein kleiner, aber sehr einfühlsamer Film über Kindheit und die Beziehung zwischen Mutter und Tochter auf dem Programm.

Philipp Fussenegger-Werkschau: Die Skilehrer – Geld spielt keine Rolex + Bester Mann: Nach seinem vielbeachteten Diplomfilm „Henry" entwickelte Philipp Fussenegger ein Konzept für eine Fernsehserie über Skilehrer. Gedreht wurde allerdings nur der 50-minütige Pilotfilm. Schon die erste Szene, in der Skilehrer Vince im Bett einer seiner Kundinnen erwacht, bestätigt Vorurteile über diesen Beruf. Weil der Ehemann der Touristin vor der Zimmertür steht, bleibt Vince nur die Flucht über den Balkon. Rasant schwingt er hier noch über die weißen Hänge, doch danach wird man ihn und seinen Kollegen Eddi nur noch beim Apres-Ski mit den erwachsenen Kindern eines deutschen Geschäftsmanns sehen. – Nicht nur die Skilehrer bekommen hier ihr Fett ab, sondern auch die Tourist:innen und hemmungslos überzeichnet Fussenegger. Lustvoller Trash wird so geboten, bei dem auch die Grenzen der Political Correctness und des guten Geschmacks unbekümmert überschritten werden.
Ungleich ernstere Töne werden dagegen im preisgekrönten mittellangen Spielfilm „Bester Mann“ angeschlagen, dessen Drehbuch Fussenegger gemeinsam mit Florian Forsch entwickelte, die Regie aber Forsch überließ und sich selbst auf die Rolle des Produzenten beschränkte. Im Zentrum steht ein jugendlicher Außenseiter, der im Wald in einem älteren Mann einen Freund zu finden glaubt, von diesem aber manipuliert, mit Geschenken in eine Abhängigkeit gedrängt und schließlich zur Prostitution gedrängt wird. Getragen vom großartigen Spiel von Adrian Grünewald und Frederik Schmid lotet der Film differenziert die ambivalente Beziehung und die Strategien sexueller Nötigung aus.
Spielboden Dornbirn Do 27.10., 19.30 Uhr

Petite Maman – Als wir Kinder waren: Als die achtjährige Nelly (Joséphine Sanz) und ihre Mutter (Nina Meurisse) das Haus der verstorbenen Großmutter ausräumen, wecken einerseits alte Kinderhefte bei der Mutter Erinnerungen, andererseits begegnet Nelly im Wald in ihrer Fantasie einem gleichaltrigen Mädchen (Gabrielle Sanz), das wie ihre Mutter Marion heißt und Nelly selbst zum Verwechseln ähnelt.
Ganz selbstverständlich mischt Céline Sciamma („Portrait d´une jeune fille en feu") in die Realität das Magische und ohne jedes technische Brimborium erfolgt eine Zeitreise in die Kindheit der Mutter. Kein Bruch gibt es hier durch Differenzen in Mode oder Technik, sondern die Zeiten fließen ganz selbstverständlich ineinander. Einzig Nellys Kopfhörer interessieren Marion und lassen sie fragen, ob dies die Musik der Zukunft sei. Doch nicht nur ihrer Mutter, sondern auch ihrer Großmutter (Margot Abascal), die schon damals am Stock ging, begegnet Nelly bei dieser ebenso verträumt-leichten wie realistisch angelegten Zeitreise und setzt sich auch mit der bevorstehenden Operation der noch kindlichen Mutter auseinander.
Abgesehen von der kurzen Auftaktszene benötigt Sciamma nur das Haus der Großmutter und den von Claire Mathons Kamera in leuchtende Herbstfarben getauchten, umliegenden Wald als Schauplätze und kommt – abgesehen von den Altersheiminsassen am Beginn – mit fünf Schauspieler:innen aus.
So einfach und klein gehalten die Geschichte ist, so tief taucht Sciamma doch in kindliche Gefühle und Sehnsüchte ein. Keinen falschen Ton gibt es hier, echt und authentisch wirkt dieses kleine Meisterwerk in jeder Szene und auch keine süßliche Musik stört den Gesamteindruck. Wenn diese beiden Kinder im Grunde 23 Jahre trennen und auch die verstorbene Großmutter noch als recht junge Erwachsene präsent ist, erzählt „Petite Maman" auch von Vergänglichkeit und Altern, von der Kostbarkeit und Unwiederholbarkeit des Augenblicks und dem Bruch, den jeder Abschied mit sich bringt.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi 26.10., 20 Uhr


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