"Mit einem Tiger schlafen": Anja Salomonowitz‘ Spielfilm über die Künstlerin Maria Lassnig derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: Stadtkino Wien Filmverleih)
Gunnar Landsgesell · 20. Okt 2022 · Film

Der Nachname

Familienurlaub ist kein Urlaub. Für Gereiztheit und Spannungen aller Art sorgt nach „Der Vorname“ dessen Fortsetzung „Der Nachname“. Kein Brüller, aber das ist auch das Gute daran.

Dorothea (Iris Berben) hat ihren Adoptivsohn René geheiratet und nun auch noch dessen Nachnamen angenommen – König. Um die frohe Botschaft zu verkünden, lädt sie die Familie auf ihre Finca nach Lanzarote ein. Verbrannte Erde - die vulkanische Insel mit ihren lavaschwarzen, leergeräumten Landschaften wirkt recht dramatisch als Kulisse. So schlimm kommt es aber nicht. Nach dem Kammerspiel „Der Vorname“ (2018) setzen sich die Verwerfungen der Familie Berger/Böttcher nun in einem malerischen, weiß getünchten Haus fort. Regisseur Sönke Wortmann und sein Drehbuchautor Claudius Pläging („Ladykracher“, „Die Carolin Kebekus Show“) haben ein bisschen Mühe, Potenzial für eine neue Erregung zu finden. Dass in einer aufgeschlossenen Familie die Wahl des Nachnamens für Querelen sorgt, bietet eher begrenzte Möglichkeiten. Also geht es mehr um den Blick hinter die vorgebliche Aufgeschlossenheit. Christoph Maria Herbst meinte in einem Interview: „Wir blasen das bis zur Kenntlichkeit auf.“ Schön formuliert.

Endlich mal: kein forcierter Humor 

Die kleinen Lebenslügen, die Eifersüchteleien, die Sorge um Gesichtsverlust oder die Meinung, die man sich dann lieber nicht sagt – menschliche Eigenschaften wie diese sind der Nährboden für „Der Nachname“. Und die Familie ist das ideale Biotop dafür. Wortmann verpackt das in eine Dramedy, ein Begriff, der sehr gut zu deutschen Produktionen, und besonders zu seinen Filmen passt. Dafür ist es wichtig, dass jede Figur eine definierte Rolle zugeteilt bekommt. In der Finca auf Lanzarote ist das der Fall: Stephan (Christoph Maria Herbst) ist der Akademiker, dessen Karriere stockt, dafür streut er kleine Gemeinheiten in seinem Umfeld. Elisabeth (Caroline Peters) würde sich mehr Aufmerksamkeit wünschen und erfindet deshalb eine Affäre. Thomas (Florian David Fitz) hat eine Vorliebe für klare Ansagen, auch wenn sie nicht immer hinterfragt sind. Dass die Beziehung mit Anna (Janina Uhse) aber vor allem von einem Mangel an klaren Worten geprägt ist, wird im Fortlauf der Handlung evident. Es ist eine Art Wahrheitsfindung, die dieser Familie verschrieben wird. Am Ende steht ein Auftritt der Matriarchin (Iris Berben), die dafür sorgt, die neue klare Sicht auf einander und sich selbst wieder richtig einzuordnen. Das alles klingt wie auf dem Reißbrett entworfen – das ist es auch. Für den Film spricht aber etwas anderes. Wo viele deutsche Komödien den Tonfall und vor allem den Humor forcieren, bleibt „Der Nachname“ auf eine positive Art zurückhaltend. Der lakonische Witz, sowie Dialoge, die nicht beliebig wirken, sondern stimmig mit den Figuren und deren sozialen Beziehung sind, lassen das Interesse nicht abflauen. Eigentlich könnte man einen Film wie diesen für eine klassische Fernsehproduktion halten. Aber genau dort findet man so etwas immer seltener.