Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Walter Gasperi · 26. Jun 2011 · Film

Aktuell in den Filmclubs (27.6. - 3.7. 2011)

Mit „Panzerkreuzer Potemkin“ ist in dieser Woche am Spielboden Dornbirn einer der ganz großen Klassiker der Filmgeschichte zu sehen. Peter Madsen und ein Teil seines CIA werden dazu live improvisieren. Ein beglückendes Kinoerlebnis bietet aber auch Mike Leighs „Another Year“, der vom TaSKino Feldkirch im Kino Namenlos gezeigt wird.

Another Year: Große aufdonnernde Geschichten werden zumeist im Kino erzählt: Da geht es um Liebe und Tod, werden Banken überfallen oder Kriege geführt. Diametral dazu entgegengesetzt ist das Kino des Briten Mike Leigh. Er macht nichts weiter als einem Paar, das auf die 60 zugeht, er Geologe, sie im Sozialbereich tätig, beim Alltag zuzusehen, bei ihren im Lauf der Jahreszeiten wechselnden Arbeiten im Schrebergarten, beim Essen mit einer Bekannten, beim Grillen und Golfen mit Freunden oder beim Besuch ihres erwachsenen Sohnes, der bald einmal zur Freude der Eltern eine Freundin mitbringt. – So einfach das freilich scheint, so phänomenal ist dieser Film durch Leighs ebenso genauen wie warmherzigen Blick, durch die brillanten Dialoge und SchauspielerInnen, die einem rasch ans Herz wachsen, zu guten Bekannten werden.
Wie bei den Filmen von Andreas Dresen meint man auch bei Mike Leigh direkt dem Leben zuzuschauen und doch geht „Another Year“ weit über die Beobachtung hinaus. Denn im Kontakt mit all den Bekannten und Verwandten, die mit dem Leben nicht so gut zurecht kommen, wird klar, dass es keine Selbstverständlichkeit, sondern eine große Ausnahme,t so zufrieden das Leben genießen zu können wie dieses Paar, bei dessen Namen Tom und Gerry man natürlich unweigerlich an die legendären, sich stets zankenden Comic-Figuren denken muss. So träumt Leigh letztlich von dieser Utopie des Glücks, von einem Paar wie Ovids „Philemon und Baucis“ verschließt aber nie die Augen vor dem Leid, sondern gewährt zwei unglücklichen Frauen sogar die erste Szene und den letzten Blick.
TaSKino Feldkirch im Kino Namenlos: bis Do 30.6.


Peter Madsen and CIA play "Panzerkreuzer Potemkin": Zum Abschluss der Reihe mit sowjetischen Stummfilmklassikern improvisieren Peter Madsen und ein Teil seines CIA noch zu dem sowjetischen Stummfilm schlechthin, der auch fast 90 Jahre nach seiner Entstehung noch zu den ganz großen Meisterwerken des Kinos zählt.
Im Alter von nur 27 Jahren als seinen nach „Streik“ erst zweiten Spielfilm drehte Sergej Eisenstein diesen Film, der aus Anlass des 20. Jahrestags der gescheiterten Revolution von 1905 entstand. Wollte Eisenstein zunächst Einzelszenen von Aufständen im ganzen Zarenreich mosaikartig zusammensetzen, so entschloss er sich schließlich, sich ganz auf die Meuterei auf dem Panzerkreuzer Potemkin, für die im Drehbuch nur eineinhalb Seiten vorgesehen waren, zu konzentrieren.
Wie ein klassisches Drama in fünf gleich lange Akte eingeteilt und Einheit von Zeit, Ort und Handlung einhaltend, erzählt „Panzerkreuzer Potemkin“, wie sich ausgehend von der Empörung der Besatzung des Panzerkreuzers über die schlechte Behandlung ein Aufstand entwickelt, der immer mehr Menschen, zunächst die Schiffsbesatzung dann die Einwohner der Stadt und schließlich die gesamte zaristische Schwarzmeerflotte erfasst.
Keine individuellen Handelnden gibt es hier, sondern die Masse rückt in den Mittelpunkt, denen der Macht- und Unterdrückungsapparat gegenübergestellt wird. Diese Konfrontation überträgt Eisenstein direkt auf die filmische Form und entwickelt mit seiner meisterhaften Montagetechnik mitreißende Dramatik und großes Pathos. Da stehen sich eben nicht nur vorrückende bewaffnete Soldaten und unbewaffnetes Volk gegenüber, sondern es prallen speziell in der legendären Treppenszene auch ständig Großaufnahmen auf Totalen, Abwärts- auf Aufwärtsbewegung, rhythmisches Vorrücken auf chaotische Flucht.
Die herausragende Qualität von „Panzerkreuzer Potemkin“ wurde sofort erkannt, zu den Bewunderern gehörte auch Joseph Goebbels, verbot den Film zwar sofort nach der nationalsozialistischen Machtübernahme, forderte aber gleichzeitig von seinen Regisseuren einen „deutschen Potemkin“.
Spielboden Dornbirn: Di, 28.6., 20.30 Uhr