"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Walter Gasperi · 25. Apr 2010 · Film

Aktuell in den Filmclubs (26.4. - 2.5. 2010)

The Men Who Stare at Goats – Männer, die auf Ziegen starren: Auf seinem Weg in den Irak stößt der Journalist Bob Wilton auf ein unerhörtes Geheimnis: Seit dreißig Jahren schon sollen die USA eine Spezialeinheit ausbilden, die nicht mit normalen Waffen, sondern mittels Parapsychologie den Gegner ausschaltet. Allein mit ihren Blicken sollen die Mitglieder dieser „New Earth Army“ Ziegen zwar nicht töten, aber immerhin zum Umfallen bringen. Während Wilton einerseits im Irak mit einem der ersten Mitglieder dieser Truppe die abenteuerlichsten Dinge erlebt, wird er gleichzeitig – und mit ihm der Zuschauer - über die Geschichte der „New Earth Army“ aufgeklärt.
Das Vorspanninsert „Mehr hiervon ist wahr, als sie glauben würden“ mag zwar stimmen, beruht der Film doch auf einem Sachbuch von Jon Ronson, doch fehlt den wilden Fantastereien eine echte konkrete Angriffsfläche. Was am Beginn noch satirisch wirkt, entwickelt sich so mit Fortdauer immer stärker in Richtung Klamotte. Auch will kein echter Erzählfluss aufkommen, da die recht dünne Gegenwartshandlung ständig durch Rückblenden unterbrochen wird. Mehr hätte man sich insgesamt erwartet, aber den Stars George Clooney und Jeff Bridges als irre Krieger und Kevin Spacey als ihr gehässiger Kollege zuzuschauen, bereitet doch einigen Spaß. Und schön schlägt der Film auch den Bogen von den 70er Jahren, als das alles noch sehr hippiemäßig und planlos aufgezogen wurde, zur Gegenwart, in der ein Konzern die Einsätze ebenso kühl wie professionell abwickelt.
Takino Schaan: Mo, 26.4. + Di, 27.4. – jeweils 20.30 Uhr
Club Vaudeville, Lindau: Di, 27.4., 20.30 Uhr


Sissi: Politisch spielte Kaiserin Elisabeth von Österreich (1837 – 1898) keine große Rolle, doch Film, Operette und Musical machten sie unsterblich. Jean Cocteau nahm sich der dunklen Seiten ihres Charakters an („Der Doppeladler"), Luchino Visconti versuchte sie in „Ludwig II.“ (1972) realistisch zu zeichnen, doch geprägt haben das Bild der Gattin von Kaiser Franz-Joseph die drei „Sissi“-Filme der 50er Jahre. Wie man im Heimatfilm dieser Zeit in eine heile Natur floh, so im historischen Film in eine nostalgisch verklärte und verkitschte Vergangenheit. Kino diente der Flucht vor der unmittelbaren Vergangenheit des Dritten Reichs und nicht satt sehen konnte man sich an prunkvollen Kostümen und jungen Stars wie Romy Schneider und Karlheinz Böhm. Zu einem der größten kommerziellen Erfolge in den deutschen Kinos dieser Zeit entwickelte sich „Sissi“ rasch, sodass zwei Fortsetzungen nicht ausbleiben konnten. Im ersten Teil erzählt Ernst Marischka in einem Mix aus Sentimentalität und Humor durchaus geschickt auf die Emotionen des Zuschauers drückend von der Jugend Sissis als bayrische Erzherzogin bis zur Hochzeit mit ihrem geliebten „Franzl“. 
KULTKINO im Kino Bludenz: Di, 27.4., 20 Uhr


Balzac und die kleine chinesische Schneiderin: China 1971, kurz nach der Kulturrevolution: Die beiden 18jährigen Luo Ming und Ma Jianling, der als Ich-Erzähler durch den Film führt, werden zur Umerziehung zu den abgelegenen Drei-Schluchten des Jangtse geschickt. In landwirtschaftlichen Brigaden sollen die beiden intellektuellen Stadtbewohner das Arbeiten lernen. Bücher und Musik sind offiziell verpönt, doch die Bauern sehnen sich nach den Geschichten der Städter. Vor allem eine kleine Schneidern verfällt schnell dem Reiz der Klassiker der Weltliteratur, die sie sich vorlesen und nacherzählen lässt.
Nostalgisch verklärt blickt Dai Sijie, der selbst von 1971 bis 1974 in den entlegenen Bergen verbringen musste, in der Verfilmung seines eigenen Romans auf diese Zeit zurück. Die Kulturrevolution und die politische Umerziehung dienen ihm nur als Hintergrund für eine Geschichte über Freundschaft und Liebe und über die verändernde Kraft der Literatur.
In malerischen Bildern fängt der Autor und Filmemacher die fantastische Berglandschaft ein, die bald dem Drei-Schluchten-Staudamm zum Opfer fallen wird. Jede Härte ist der Feldarbeit oder der Arbeit im Bergwerk durch die sanften Farben und das warme Licht geraubt. Nah an der Grenze zum Kitsch sind diese geschönten Bilder oft. Schön anzusehen und flüssig erzählt ist dies dennoch, auch wenn die Figuren blass bleiben, keine Tiefe gewinnen und ihr Schicksal nicht wirklich bewegt.
Auf einem anderen Blatt steht freilich, ob die Perspektive des aus 30jähriger Distanz zurückblickenden Erzählers eine so beschönigende, die Brutalität und Grausamkeit der Umerziehungsmaßnahmen aussparende Darstellung des historischen Hintergrunds rechtfertigt.
Kammgarn Hard: Mi, 28.4., 20.30 Uhr