Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Walter Gasperi · 25. Mär 2021 · Film

Aktuell in den Filmclubs (26.3. - 1.4. 2021)

Der Spielboden Dornbirn zeigt diese Woche in Kooperation mit Go West "Als wir tanzten", in dem mitreißende Tanzszenen mit einer berührenden Emanzipationsgeschichte verbunden werden. Beim TaSKino Feldkirch gibt es dagegen unter anderem Ron Howards "Hillbilly Elegy" zu sehen.

Als wir tanzten: Strenge traditionelle Geschlechterbilder bestimmen die georgische Gesellschaft, besonders die Szene des Nationaltanzes. Dennoch verliebt sich der junge Tänzer Merab in einen Kollegen.
Eindrücklich zeichnet der georgischstämmige Schwede Levan Akin das Bild der homophoben georgischen Gesellschaft, gleichzeitig erzählt er aber auch eine berührende Emanzipationsgeschichte. Denn sukzessive wird sich Merab klar, dass die Verdrängung seiner Sexualität ihn zugrunde richten wird. Aber nicht mit Worten, sondern mit einem fulminanten Tanz, in dem er konsequent mit den vorgegebenen Männlichkeitsidealen bricht und die Dynamik des Tanzes mit sehr femininen Gesten und Bewegungen verbindet, outet er sich und setzt ein Zeichen für Toleranz und Auflösung der starren Geschlechterbilder.
Man spürt hier die Leidenschaft und das Engagement des Regisseurs und seine mitreißende Kraft entwickelt "Als wir tanzten" durch das Spiel mit Gegensätzen. Da stehen nicht nur den Tanzszenen der ärmliche Alltag mit einem Aushilfsjob in einem Restaurant gegenüber, sondern eben auch die Traditionen, die die Alten vertreten, der jugendlichen Lebens- und Liebeslust und rigiden Vorstellungen fließende Offenheit.
Sinnliches Körperkino entwickelt sich durch diese Antithesen und ein großes Plädoyer für die Selbstbestimmung des Individuums über seinen Körper und seine Gefühle, aber auch für eine Öffnung und Veränderung der georgischen Gesellschaft. Dass diese leider noch nicht dazu bereit ist, zeigte die nationale Premiere des Films in Tiflis und Batumi im November 2019: Polizeischutz war nötig und es kam zu massiven Ausschreitungen, die zur Verhaftung von 27 Menschen führten.
FKC Dornbirn im Cinema Dornbirn: Mi 24.3. + Do 25.3. – jeweils 17.30 Uhr

Hillbilly Elegy: Die Einlieferung seiner heroinsüchtigen Mutter führt J.D., der in Yale Jura studiert, zurück nach Middletown, Ohio, und lässt ihn sich an seine Kindheit in einer dysfunktionalen White Trash-Familie erinnern.
Ron Howard zeichnet in seiner Verfilmung von J. D. Vances 2016 erschienenen Memoiren diese Familie mit allen zum White Trash gehörenden Klischees, doch ein sozialrealistischer Blick auf dieses Milieu fehlt leider völlig. Viel zu sehr auf die Figuren fokussiert der Oscar-Preisträger ("A Beautiful Mind"), um eine dichte Atmosphäre aufkommen zu lassen. Ganz im Individuellen bleibt der Film, öffnet nie den Blick über die Familie auf diese gesellschaftliche Schicht und den Niedergang der Stahlindustrie als Ursache für die Verarmung. Zudem inszeniert Howard ausgesprochen uninspiriert, beschränkt sich auf eine Bebilderung der Vorlage und lässt jede Leidenschaft für den Stoff vermissen.
Auch die von Amy Adams gespielte Mutter ist mehr ein Klischee als ein differenziert gezeichneter Charakter, dessen Schicksal bewegen könnte. Zu begeistern versteht einzig Glenn Close als raue und stets rauchende Großmutter, die alles unternimmt um J. D. mittels Bildung einen Weg aus diesem Sumpf zu ermöglichen.
So erzählt "Hillbilly Elegy" einerseits von familiären Bindungen, andererseits aber auch eine klassische amerikanische Erfolgsgeschichte von jemandem, der das Milieu, aus dem er stammt, zwar nicht leugnet oder vergisst, aber hinter sich lässt, und erkennt, dass er selbst jeden Tag über seinen eigenen Lebensweg entscheiden kann.
TaSKino Feldkirch im Kino Rio: Sa 27.3. 17 Uhr; Di 30.3., 17.45 Uhr; Do 1.4., 17.45 Uhr

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