"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Walter Gasperi · 18. Mär 2021 · Film

Aktuell in den Filmclubs (19.3. - 25.3. 2021)

Mit Nachmittags- und Vorabendspielzeiten starten FKC Dornbirn, Spielboden Dornbirn und TaSKino Feldkirch nach der Corona-Pause diese Woche wieder ihr Programm. Der FKC zeigt die berührende Monika Helfer-Verfilmung "Ein bisschen bleiben wir noch". Das TaSKino bestreitet das komplette Programm des Kino Rio und zeigt unter anderem "The Assistant".

The Assistant: Kitty Green deckt anhand der Schilderung eines Arbeitstags einer Assistentin im Büro einer Filmproduktionsfirma eindrücklich und beklemmend strukturelle Gewalt und Machtmissbrauch auf.
Ganz aus der Perspektive der jungen Jane erzählt Green. Durch die Nähe der Kamera, die Dominanz von langen statischen Einstellungen und das gerade in seiner Zurückhaltung intensive Spiel Julia Garners lässt sie den Zuschauer die zunehmende Beklemmung und Ohnmacht Janes geradezu physisch miterleben. Die kalte Atmosphäre, die schon das in Grau und Weiß getauchte Büro und das Neonlicht evozieren, wird noch verstärkt durch den Umgang der Mitarbeiter. Persönliche Kommunikation gibt es hier nicht, jeder macht seine Arbeit, gleichzeitig wird Jane aber auch immer wieder von ihren Kollegen auf eine Art schikaniert und gemobbt, die auch als dummer Scherz abgetan werden kann.
Im akribischen Blick und der trockenen Inszenierung, die durch den weitgehenden Verzicht auf Musik, verstärkt wird, ist die Herkunft Greens vom Dokumentarfilm spürbar. Sie bauscht nichts auf, lässt aber Jane durch Indizien zunehmend eine Ahnung vom Machtmissbrauch ihres Chefs, der unsichtbar bleibt, gewinnen. Auch wenn dabei der Name Harvey Weinstein, dem mehr als 80 Frauen sexuelle Übergriffe vorwerfen und der 2020 zu 23 Jahren Haft verurteilt wurde, nie fällt, so ist diese Figur doch unübersehbar von diesem übermächtigen Filmboss inspiriert.
Differenziert deckt Green dabei auch die Abhängigkeiten auf, die Mitarbeiter schweigen lassen, obwohl sie den Missbrauch durchschauen. Eindrücklich spielt Garner diese Jane als zerrissene Frau, die einerseits das Verhalten ihres Chefs nicht toleriert und es aufdecken will, andererseits aber auch ihren Job behalten will.
TaSKino Feldkirch im Kino Rio: Mo 22.3., 18 Uhr

Ein bisschen bleiben wir noch: Frei nach Monika Helfers Roman "Oskar und Lilli" erzählt Arash T. Riahi von zwei tschetschenischen Flüchtlingskindern, die in Österreich zu verschiedenen Pflegeeltern kommen. Ihre große Hoffnung ist es nicht nur einander, sondern auch die psychisch kranke Mutter wieder zu sehen.
Den Flüchtlingskontext hat Riahi gegenüber der Vorlage, in der die Kinder wegen einer psychischen Erkrankung der Mutter getrennt werden, hinzugefügt. Ganz aus der Kinderperspektive, vor allem der von Oskar, erzählt der gebürtige Iraner berührend dank des einfühlsamen Blicks und der wunderbar natürlich agierenden jungen Hauptdarsteller Leopold Pallua und Rosa Zant. Das Gutmenschen-Lehrerpaar, das vegetarisch lebt und wegen des Umweltschutzes kein Auto besitzt, stellt er dagegen in satirischer Überzeichnung bloß und deckt die arrogant-gönnerhafte Attitüde auf, die sich hinter der Aufnahme des Flüchtlings Oskar versteckt.
Riahi ist dabei nicht an einem rauen Sozialdrama interessiert. Viel zu aufgeräumt und bunt sind dazu die Bilder. Nicht um triste Milieuschilderung geht es hier, sondern um das Eintauchen in kindliches Empfinden, in dessen Zentrum die große Sehnsucht nach Schwester und Mutter steht - und die Versuche auch mit Witz und Fantasie sich in der neuen Welt langsam einzufinden und Fuß zu fassen.
Statt niederzuschmettern feiert "Ein bisschen bleiben wir noch" so die Kraft der Geschwister- und Mutterliebe sowie den Überlebenswillen speziell der Kinder. Auch kurze traumatische Erinnerungen an den Tschetschenienkrieg werden eingestreut, um den biographischen Hintergrund bewusst zu machen, vor allem aber will diese auch in den Nebenrollen stark besetzte Kindergeschichte Hoffnung machen und den Glauben wecken, dass mit dieser Hoffnung auch die Realität verändert werden kann.
FKC Dornbirn im Cinema Dornbirn: Mi 24.3. + Do 25.3. – jeweils 17.30 Uhr

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