Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Walter Gasperi · 25. Nov 2021 · Film

Aktuell in den Filmclubs (26.11. - 2.12. 2021)

Angesichts in Vorarlberg geschlossener Kinos ein Streaming-Tipp zum brasilianischen Spielfilm "The Pink Cloud", in dem schon 2019 Pandemie und Lockdown vorweggenommen wurden. In Schaan läuft dagegen unter anderem der großartige Dokumentarfilm "The Truffle Hunters".

The Pink Cloud: Schon im Vorspann wird darauf hingewiesen, dass das Drehbuch 2017 entstand, 2019 gedreht wurde und alle Parallelen zu aktuellen Ereignissen Zufall sind. Betont wird damit natürlich auch, dass "The Pink Cloud" kein Reflex auf die Corona-Pandemie ist, sondern vielmehr diese visionär vorwegnahm.
Unscheinbar und harmlos wirkt die rosa Wolke, die man sogleich am weiten Himmel sieht, doch dissonante Musik kündet schon Unheil an und wenig später bricht eine Frau auf einem Steg an einem See tot zusammen. Abrupt wechselt Iuli Gerbase mit einem Schnitt zu Giovana (Renata de Lélis) und Yago (Eduardo Mendonça), die sich aufgrund der Radiodurchsage, die Fenster zu schließen und die Wohnung nicht zu verlassen, von der Terrasse in die Wohnung zurückziehen.
Bis zum Ende wird "The Pink Cloud" diese Stadtwohnung nicht verlassen, wird ganz auf Giovana und Yago fokussieren. Machen am Beginn noch Fernsehnachrichten bewusst, dass es sich um eine globale Katastrophe handelt, bleibt die Außenwelt bald zunehmend ausgespart, während sich der Lockdown über mehrere Jahre hinzieht.
Faszinierend sind die Ausgangssituation und die Idee konsequent auf den Auswirkungen auf die Paarbeziehung zu fokussieren. Ganz kann aber Gerbase die Spannung nicht durchhalten. Nicht zuletzt aufgrund des sehr begrenzten Schauplatzes und der Reduktion auf drei Charaktere stellen sich doch auch Längen ein, gleichzeitig spiegelt sich darin aber auch die reale Monotonie dieses Lebens.
Insgesamt ist das aber in der Konsequenz von Handlungsaufbau und Inszenierung und dem geschickten Spiel mit Innen und Außen, bei dem Blicke durchs Fenster auf benachbarte Wohnungen oder den Himmel immer wieder die Beklemmung der Gefängnissituation verstärken, ein starkes und natürlich topaktuelles Debüt.
Streaming bei filmingo.at

The Truffle Hunters: Die Amerikaner Michael Dweck und Gregory Kershaw entführen in ihrem ersten langen Dokumentarfilm in die Welt einiger skurriler norditalienischer Trüffelsammler. Kaum weniger wichtig als diese Männer sind aber ihre Hunde, die unverzichtbare Begleiter bei der Suche sind. Mit ihren Herrchen dürfen die Vierbeiner am Essenstisch sitzen oder werden in der Badewanne gereinigt.
Auf Inserts und Kommentar verzichten Dweck und Kershaw, die drei Jahre lang die Trüffelsammler begleitet haben. Sie überlassen den filmischen Raum ganz ihren Protagonisten, die in den langen ruhigen und distanzierten Einstellungen viel Raum erhalten sich zu präsentieren.
Markanten Gegenpol zu ihrem Wühlen im Waldboden stellen die Abnehmer und das Geschäft mit den Trüffeln dar. Dem ursprünglichen und einfachen Landleben steht damit eine klinisch saubere und kalte Welt gegenüber: Am Telefon wird der Verkauf von Trüffeln zu einem Kilopreis von um die 4000 Euro beschlossen, ein vornehmer Herr genießt in einem sichtbar noblen, aber sterilen Restaurant zu einem Glas Rotwein ein Spiegelei mit Trüffel.
Strahlen die alten Trüffelsammler in ihren einfachen Behausungen und ihrem unabhängigen Alltag Wärme, Menschlichkeit und Lebensfreude aus, so macht sich in diesen Szenen Kälte und Emotionslosigkeit breit.
Unaufdringlich wird in der Kontrastierung der beiden Welten so auch die Frage nach den wesentlichen Dingen im Leben aufgeworfen. - So beschert "The Truffle Hunters" nicht nur ein eigenwilliges, bildschönes Kinoerlebnis, sondern regt auch an über das eigene Leben und die Prioritäten, die man setzt, nachzudenken.
Skino Schaan: So 28.11., 16 Uhr

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