Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Walter Gasperi · 02. Dez 2021 · Film

Aktuell in den Filmclubs (3.12. - 9.12. 2021)

Im Skino in Schaan und im Kinotheater Madlen in Heerbrugg läuft diese Woche unter anderem mit "Stürm: Bis wir tot sind oder frei" ein Spielfilm über den Schweizer Ausbrecherkönig Walter Stürm. Und beim Kino VOD Club kann man neu Arman T. Riahis "Fuchs im Bau" und Sandra Wollners "The Trouble With Being Born" streamen.

Stürm: Bis wir tot sind oder frei: Berühmtheit erlangte der Ostschweizer Industriellensohn Walter Stürm in den 1970er und 1980er Jahren mit acht erfolgreichen Ausbrüchen aus Gefängnissen. Auch an schelmischem Witz ließ er es dabei nicht missen, ließ er doch einmal in der Zelle die Nachricht zurück: "Bin beim Ostereier suchen, Stürm".
Oliver Rihs konzentriert sich auf die frühen 1980er Jahre und die Beziehung Stürms (Joel Basman) zur idealistischen Anwältin Barbara Hug (Marie Leuenberger). Sie entdeckt zunächst im charmanten und Gewalt ablehnenden Stürm aufgrund dessen unmenschlichen Haftbedingungen jemanden, den die linke Szene, die für einen gesellschaftlichen Umbruch in der Schweiz und Verbesserung der Haftbedingungen demonstriert, instrumentalisieren kann. Von diesem Blick auf den gesellschaftlichen Protest engt Rihs den Film zunehmend auf Hug, die sich in Stürm verliebt, und den Ausbrecherkönig ein. Das Gesellschaftliche, an dem Stürm nie interessiert war, tritt in den Hintergrund und seine Suche nach Freiheit, die er auch außerhalb des Gefängnisses nicht zu finden scheint, tritt in den Vordergrund.
Zupackend und in roher Form ist das inszeniert, zieht den Zuschauer mit Handkamera ins Geschehen, evoziert mit schmutzigen und verwaschenen Farben sowie mit Kleidung und Ausstattung die Atmosphäre dieser Zeit und vermittelt überzeugend die unhaltbaren Zustände in den Gefängnissen. Andererseits wird aber auch vieles nur angerissen und bleibt diffus. Das gilt für die Sozialisierung und Vorgeschichte der beiden Protagonist*innen ebenso wie für die Zeithintergründe. Doch die großartig harmonierenden und mit Verve spielenden Hauptdarsteller*innen Joel Basman und Marie Leuenberger lassen zumindest teilweise über diese Schwäche hinwegsehen.
Skino Schaan: Fr 3.12., 18 Uhr; Sa 4.12., 18 Uhr; So 5.12., 20.15 Uhr
Kinotheater Madlen, Heerbrugg: Sa 4.12., 20.30 Uhr; So 5.12., 18 Uhr; Mo 6.12., 17.30 Uhr; Di 7.12., 20.15 Uhr

Neu zum Streamen bei Kino VOD CLUB: Bei der auf österreichische Filme spezialisierten Streamingplattform gibt es neu Arman T. Riahis "Fuchs im Bau" und Sandra Wollners "The Trouble of Being Born". Riahi erzählt in seinem zweiten Spielfilm von einem Lehrer, der eine Stelle in einem Jugendgefängnis antritt, in dem er sich mit seiner vor der Pension stehenden, unkonventionellen Kollegin (Maria Hofstätter), aber auch mit der Gefängnisleitung herumschlagen muss. Langsam erkennt er, dass man diese Jugendlichen mit "normalem Unterricht" nicht erreichen kann und er beginnt die Methoden seiner Kollegin zu übernehmen. Getragen wird das intensive Drama von einem großartigen Ensemble, bei dem erfahrene Schauspieler wie Maria Hofstätter, Aleksandar Petrovic oder Andreas Lust perfekt mit den großartig gecasteten und unglaublich authentischen, vor allem migrantischen Jugendlichen zusammenspielen.
Sandra Wollner erzählt dagegen in "The Trouble with Being Born" von der etwa zehn
jährigen Elli, die kein Mensch, sondern ein Androide ist. Wie eine Sexpuppe benutzt sie ein Mann, der zunächst ihr Vater zu sein scheint und durch sie scheinbar einen Verlust zu kompensieren versucht. Plötzlich verschwindet dieses Mädchen aber und eine zweite Geschichte um Verlust, Schuld und Begehren setzt ein.
Teils geisterhaft und teils märchenhaft wirkt "The Trouble with Being Born", den Sandra Wollner selbst als "Anti-Pinocchio" sieht, in dem nicht eine Puppe zum Menschen wird, sondern ein Mensch durch eine Puppe ersetzt wird. Ungleich abgründiger und verstörender als Carlo Collodis Kinderbuchklassiker ist aber dieser Film. Mit kühlen Bildern und starkem Sounddesign evoziert die 38-jährige Steirerin eine beklemmende Atmosphäre, schafft auch mit dem Gegensatz von Wald in der ersten Hälfte und tristem Autobahnstreifen und Hochhaussiedlung mit dunstverhangenem Himmel in der zweiten Hälfte einen starken Gegensatz und baut mit bruchstückhafter Erzählweise zahlreiche Rätsel auf.
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