Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Walter Gasperi · 20. Mai 2009 · Film

Aktuell in den Filmclubs (25. - 31.5.2009)

Neulich in Belgien: Man spürt schon in der ersten Szene beim Einkauf in einem Supermarkt die Anspannung der 40-jährigen Postbeamtin Matty. Einfach ist das Leben für sie nicht: Drei Kinder zwischen 10 und 17 Jahren fordern sie und zudem hat sich ihr Mann seit Monaten auch noch eine 22-jährige Freundin zugelegt. Gerade gefehlt hat ihr jetzt noch, dass sie beim Ausparken in einen LKW kracht. Ein heftiger Disput entwickelt sich zwischen Matty und dem Trucker Tommy. Dieser ist von Mattys heftigem Auftritt aber so fasziniert und beeindruckt, dass er sie bald kontaktiert, um den beschädigten Kofferraum zu reparieren – und ist Matty zunächst abweisend, kann sie dem hartnäckigen Werben des 12 Jahre jüngeren LKW-Fahrers bald nicht widerstehen, erklärt zwar die Nacht im Führerhaus des LKWs sei eine Ausnahme gewesen, doch langsam wird mehr draus, auch wenn Tommy alles andere als ein einfacher Mann ist. Kompliziert wird die Lage natürlich dadurch, dass Mattys Mann nun plötzlich doch von der Freundin weg und zu seiner Frau zurück will.
Unverschämt frisch und echt ist das Spielfilmdebüt des Flamen Christian de Rompaey, nah am Leben dran, wie die Filme Andreas Dresens oder Ken Loachs, gekonnt Sozialrealismus und Liebesgeschichte mischend, besticht neben der realistisch-unaufgeregten Erzählweise auch durch natürliche Schauspieler und hält, nie in Depression, aber auch nie in reine Glücksstimmung fallend, wunderbar die Balance zwischen Drama und Komödie.
FKC Dornbirn in den Weltlichtspielen Dornbirn: Do, 28.5., 19.30 Uhr; Fr, 29.5., 21.30 Uhr


Ein Geheimnis: In seiner Verfilmung von Francois Grimberts autobiographischem Roman setzt sich Claude Millier in einer verschachtelten Rückblendenstruktur mit Verdrängung, Trauma und Erinnerung von Holocaust-Opfern auseinander. Komplex ist die Erzählstruktur mit dem Wechsel zwischen rund einem halben Dutzend Zeitebenen, zwischen den 1980er, den 60er, den 50er Jahren und der Zwischenkriegszeit, in der der Protagonist noch gar nicht geboren war, sondern über die ihm nur erzählt wird. Und dennoch gelingt es Miller die Erzählfäden so zu verknüpfen und – nicht zuletzt durch den Wechsel von Schwarzweiß in den Nachkriegs- und Farbe in den Zwischenkriegsszenen – so voneinander abzuheben, dass der Zuschauer nie den Überblick verliert und leicht der Geschichte folgen kann.
Ein ungewohntes Bild vom bürgerlichen französischen Judentum der 30er Jahre wird hier gezeichnet, das Bild einer lebensfrohen, den Körperkult pflegenden Schicht, deren Glück durch die nationalsozialistische Okkupation zerbricht. Doch auch in diesen Zeiten des Terrors und des Holocausts gibt es das Lichte und Helle im Exil in der lieblichen Creuse. Nur in dieser äußeren Flucht und der Verdrängung der eigenen Identität war ein Überleben möglich, während ein Bekenntnis zum Judentum den sicheren Tod zur Folge hatte. Doch welche Auswirkungen diese Selbstverleugnung und diese Erfahrungen nicht nur für die Überlebenden, sondern auch für die später geborenen Angehörigen haben, und wie dieses Trauma das ganze Leben prägt, macht Miller in seinem exzellent gespielten Film gerade durch die Verschränkung der Zeitebenen erfahrbar, weil dadurch auch filmisch die Vergangenheit in die Gegenwart hereinwirkt und das Vergangene nie überwunden, sondern dauernd präsent ist.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Do, 28.5., 20 Uhr; Sa, 30.5., 22 Uhr


So viele Jahre liebe ich dich: Nach 15 Jahren Haft wird eine Frau aus dem Gefängnis entlassen und findet in der Familie ihrer Schwester Aufnahme. Wird diese Frau, über deren Vergehen geschwiegen wird, den Weg zurück ins Leben finden? – Philippe Claudel inszenierte diese Geschichte zurückhaltend und überlässt den Raum ganz der überragenden Kristin Scott Thomas in der Hauptrolle. Man spürt, dass sie eine schwere Last mit sich trägt, und unübersehbar ist ihre Verschlossenheit. Doch mit Fortdauer des Films – nicht zuletzt unter dem Einfluss der beiden kleinen vietnamesischen Adoptivtöchter ihrer Schwester – wird sie offener, spricht mehr und lässt sich auch mal zu einem Lächeln hinreißen.
Wunderbar rund, stilsicher und mit einer sorgfältigen, weitgehend auf Grau- und Blautöne reduzierten Farbdramaturgie hat der Schriftsteller Philippe Claudel sein Regiedebüt inszeniert, an dem man wohl nur das allzu versöhnliche Ende, bei dem zu prasselndem Regen das Schweigen endlich gelöst wird und die Tränen allen Schmerz hinunter waschen, kritisiert werden kann.
TaSKino Feldkirch im Kino Namenlos: Fr, 29.5. – Do, 4.6.

Weiters:
The Wrestler – Kino Madlen, Heerbrugg: Mo, 25.5., 20.15 Uhr
Stilles Chaos – Club Vaudeville, Lindau: Di, 26.5., 19.30 Uhr
Küss mich bitte! – Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi, 27.5., 20 Uhr; Fr, 29.5., 22 Uhr
Shacharit, Mincha, Maariv. The Story of the Edelweiss – Spielboden Dornbirn: 28.5., 19.30 Uhr
Il Divo - Takino Schaan: Do, 28.5. und Sa, 30.5. – Di, 2.6. – jeweils 20.30 Uhr
Opal Dream – Takino Schaan: Sa, 30.5.; So, 31.5.; So, 7.6. - jeweils 16 Uhr
Botero – Born in Medellin – Takino Schaan: Fr, 29.5., 20.30 Uhr; Sa, 30.5. – Mo, 1.6., jeweils 18.30 Uhr