Aktuell in den Filmclubs (18. - 24.5.2009)
Der weiße Rausch: Der deutsche Bergfilm der 1920er und 1930er Jahre ist zwar untrennbar mit den Namen Arnold Fanck, Leni Riefenstahl und Luis Trenker verbunden, doch ohne den jüdischen Produzenten Harry R. Sokal wäre diese Entwicklung nie möglich gewesen. Von „Der heilige Berg“ (1926) über „Die weiße Hölle vom Piz Palü“ (1929) und „Stürme über dem Montblanc“ (1930) bis zu „Der weiße Rausch“ (1931) und „Das blaue Licht“ (1932) produzierte Sokal zentrale Werke dieses Genres. „Der weiße Rausch“ war dabei nur ein Verlegenheitsprodukt: Eigentlich wollte Sokal den Luis Trenker-Stoff „Berge in Flammen“ verfilmen, verlor aber einen Plagiatsprozess gegen Trenker und stand nun mit einem Filmteam aber ohne Stoff da. So bastelte man eine dürftige Geschichte um den Skilehrer Hannes (Hannes Schneider), die Hamburgerin Leni (Leni Riefenstahl) und zwei tollpatschige Hamburger, die sich beim Skifahren oder beim Lernen desselben am Arlberg immer wieder über den Weg laufen. Wichtiger als die komödiantische Handlung sind die großartigen Aufnahmen der Winterlandschaft und natürlich die akrobatisch-halsbrecherischen Skiszenen, für die 50 der damals besten Skifahrer sorgen. Kaum etwas von ihrem Reiz haben diese Szenen, die gewissermaßen ein alpines Äquivalent zu den gleichzeitig entstandenen Ballettszenen eines Busby Berkeley darstellen, trotz ihres Alters von fast 80 Jahren eingebüßt. Gleichzeitig belegt „Der weiße Rausch“ mit Sokal als Produzent und Paul Dessau als Komponist die Rolle, die jüdische Künstler für den deutschen Bergfilm spielten. Beide emigrierten 1933, Sokal zunächst nach England, dann nach Frankreich und 1941 schließlich in die USA, Dessau, der auch Kommunist war, nach Frankreich und 1939 weiter in die USA. Auch Hannes Schneider verließ 1939 seine Heimat und schuf in New Hampshire/USA ein Skigebiet nach seinen Vorstellungen, Fancks Stern sank, weil er auch nach 1933 noch mit jüdischen Filmproduzenten arbeiten wollte, während Riefenstahl sich voll zum Nationalsozialismus bekannte und Propagandafilme über mehrere Reichsparteitage (unter anderem „Triumph des Willens“) und die Olympischen Spiele in Berlin 1936 („Olympia“) drehte.
Spielboden Dornbirn: Di, 19.5., 19.30 Uhr
Wiedersehen mit Brideshead: Im England der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts findet ein junger Mann aus einfacher Familie über seinen homosexuellen Studienfreund Zugang zum Leben der Upper-Class und ihren mondänen Landsitzen. Als er sich in die Schwester seines Freundes verliebt, entspinnt sich eine Dreiecksgeschichte. Doch weniger diese Konstellation als vielmehr das harte Regime der streng katholischen Mutter, die den atheistischen Eindringling ablehnt, verhindert ein glückliches Ende. – Julian Jarrold hat Evelyn Waughs Roman, der schon Anfang der 80er Jahre als Mini-Serie fürs Fernsehen verfilmt wurde, in prunkvollen Bildern für die Leinwand adaptiert, legt allerdings zu wenig wert auf die Figurenzeichnung. Zu blass bleiben die Protagonisten, als dass ihr Schicksal wirklich packen könnte, zu uninspiriert ist die Inszenierung und auch die komplexe Rückblendenstruktur gewinnt keine dramaturgische Funktion, sondern bleibt kunstgewerbliche Spielerei. So bleibt ein schöner, bei einer Dauer von über zwei Stunden aber auch ermüdender Bilderbogen.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi, 20.5., 20 Uhr; Fr, 22.5., 22 Uhr
La Forteresse: Drei Monate lang drehte der Schweizer Dokumentarfilmer Fernand Melgar im Empfangs- und Verfahrenszentrum für Asylsuchende in der Schweiz im waadtländischen Vallorbe. Kommentarlos und mit objektivem Blick bietet Melgar sowohl Einblick in die Arbeit der Behörden als auch in den Alltag im Lager, der von Karten- und Fußballspiel, Reinigungs- und Küchenarbeiten geprägt ist. Plastisch sichtbar wird so nicht nur das traurige Los der um Asyl ansuchenden Flüchtlinge, sondern auch die Schwierigkeit der Arbeit der Behörden, da ihnen neben zutiefst bewegenden Schilderungen auch höchst widersprüchliche Geschichten präsentiert werden. Offen bleibt freilich, inwieweit das Bild allein durch die bloße Präsenz der Kamera verzerrt wird und speziell die Beamten anders reagieren als unter „normalen Umständen“. Wichtig und auch aufschlussreich ist „La Forteresse“ durch das Aufgreifen eines brennend aktuellen gesellschaftlichen Themas und den Einblick in eine Welt, die einem sonst fast ganz verschlossen bleibt, aber auf jeden Fall.
Takino Schaan: Do, 21.5., 20.30 Uhr; Sa, 23.5. – Mo, 25.5. – jeweils 18.30 Uhr
Weiters:
Slumdog Millionaire – TaSKino Feldkirch im Kino Namenlos: Fr 22.5. - Do, 28.5.
Jerichow – Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Do, 21.5., 20 Uhr; Sa, 23.5., 22 Uhr
Milk – Takino Schaan: Fr 22.5. – Mo 25.5. – jeweils 20.30 Uhr
Der Knochenmann – Kino Madlen, Heerbrugg: Mo, 18.5., 20.15 Uhr
Caotica Anna – Club Vaudeville, Lindau: Di, 19.5., 19.30 Uhr