Neu in den Kinos: "Die Unschuld" (Foto: Wild Bunch Germany/Plaion Pictures)
Walter Gasperi · 22. Nov 2018 · Film

Aktuell in den Filmclubs (23.11. - 29.11. 2018)

Das Filmforum Bregenz zeigt diese Woche Matteo Garrones düsteres Drama „Dogman“. Am Spielboden Dornbirn bietet der Dokumentarfilm „Pre-Crime“ Einblick in die Methoden und Gefahren von Predictive Policing, mit dem Verbrechen vorausgesehen und verhindert werden sollen.

Dogman: In einer heruntergekommenen italienischen Kleinstadt am Meer verdient der gutmütige Marcello sein Geld als Hundefriseur. Mit den wenigen Männern, die die Stadt noch nicht verlassen haben, spielt er regelmäßig abends Fußball. Er riskiert aber diese Freundschaft, weil er stets zu dem brutalen Schläger Simone hält, obwohl dieser ihn nur ausbeutet und die Stadt terrorisiert.
Mit großer Konsequenz und stilistisch bestechend geschlossen entwickelt Matteo Garrone, unterstützt von einem großartigen Marcello Fonte, dieses von schwarzem Humor durchzogene Drama, zu dem ihn ein realer Fall, der sich in den 1980er Jahren in Italien ereignete, inspirierte. Eindringlich erzählt der „Gomorrha“-Regisseur in diesem Feelbad-Movie von menschlicher Gemeinheit und Abhängigkeit und wie gerade sozial prekäre Verhältnisse dem Menschen die Menschlichkeit austreiben, ihn verrohen lassen.
Auf verlorenem Posten steht in diesem gewalttätigen Umfeld ein gutmütiger und naiver Mensch wie Marcello. Zwangsläufig untergehen muss er, wenn er nicht mit den gleichen Mitteln zurückschlägt und selbst gewalttätig wird. Wie Christus das Kreuz trägt er quasi als Erlöser schließlich seinen Peiniger auf seinen Schultern, doch die Freunde, die er durch die Solidarität gegenüber dem Schläger verloren hat, wird er damit nicht zurückgewinnen können.
Allein sitzt er in der großartigen Schlusseinstellung unter grauem Himmel auf dem Spielplatz, denn wo Verrohung, Gewalt und das Recht des Stärkeren regieren, kann es keine Gemeinschaft geben.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi 28.11., 20 Uhr + Fr 30.11., 22 Uhr


Pre-Crime:
Utopie war 2002 in Steven Spielbergs Philip K. Dick-Adaption „Minority Report“, dass Verbrechen vorausgesehen und damit verhindert werden können. Heute arbeitet die Polizei in Großstädten wie Chicago, London oder München längst mit solchen Computerprogrammen, bei denen unterschiedlichste Daten aus unterschiedlichsten Quellen von Facebook über Sozialversicherung bis zu psychischen Auffälligkeiten und Vorstrafen gesammelt und von speziellen Algorithmen abgeglichen werden, um daraus eine Wahrscheinlichkeit der Involvierung in eine künftige Straftat abzuleiten.
Immer wieder und auch reichlich redundant zeigen Matthias Heeder und Monika Hielscher in ihrem Dokumentarfilm die Ungenauigkeit und die bedenkliche Auswahl der Daten auf. In Interviews mit Polizisten bietet das Regie-Duo Einblick in diese Arbeitsweise, ebenso wie durch Aussagen von Soziologen in deren Problematik. Mehr als die Polizeiarbeit rückt dabei zunehmend aber in den Mittelpunkt, dass der Mensch völlig gläsern ist, dass aufgrund von Facebook, Twitter und Google längst Unmengen von Daten, die der User selbst zur Verfügung stellt, im Netz sind.
Eindringlich arbeiten Heeder/Hielscher ihre Thematik an Einzelschicksalen auf, fokussieren einerseits auf den Methoden in Chicago, München und London, andererseits auf zwei jungen Afro-Amerikaner in Chicago bzw. London, die mehr oder weniger zufällig ins Visier der Polizei gerieten.
Ein vielschichtiger Film ist so entstanden, der auf Polemik verzichtet und sachlich und differenziert die unterschiedlichen Aspekte ausleuchtet und die Gefahren einleuchtend und prägnant herausarbeitet.
Spielboden Dornbirn: Di 27.11., 19.30 Uhr