"Die Sterne" im Spielboden Dornbirn: Frontmann Frank Spilker und Philipp Janzen an den Drums (Foto: Stefan Hauer)
Gunnar Landsgesell · 16. Nov 2018 · Film

Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen

Zweiter Teil des Spin-offs der "Harry Potter"-Reihe der Autorin J.K. Rowling. Ein oppulent inszenierter Reigen vor dem Hintergrund des viktorianischen England, in dem der dämonische Zauberer Grindelwald nach der Weltherrschaft der "Reinblütler" strebt. Ein filmisches Unternehmen, das visuelle aus dem Vollen schöpft, die Noblesse seiner Zeit mit den Wunderlichkeiten des Fantasy-Genres elegant zu verknüpfen weiß, aber inhaltlich noch Luft nach oben hätte.

Zweiter Teil des Spin-offs von „Herr der Ringe“, mit dem die Autorin J.K. Rowling von einem Nebenstrang ihres Harry-Potter-Epos tief in die Vergangenheit ausholt und diese um ein illustres Ensemble an fantastischen Figuren erweitert. „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ ist eigentlich ein Schulbuch aus der Zauberakademie, das nun aufgeschlagen wird. Fünf Teile sollen es werden, das verriet Rowling vorab, und es wird im Jahr 1945 enden. Wer sich über ein bestimmtes Vokabular wundert, etwa die „Reinblütler“, oder das Jahr 1945, in dem bekanntlich der Zweite Weltkrieg endete, kann sich seinen Reim auf den diabolischen Hintergrund dieser Geschichte machen. Umso mehr, als „Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen“ nun den Zauberer Gellert Grindelwald in den Mittelpunkt stellt. Er steht für das absolut Böse und wird von Johnny Depp mit schlohweißer Punkfrisur und zweifärbigen Augen im Stil zwischen Marilyn Manson und David Bowie verkörpert. Ein Exkurs am Ende des Films, der in eine Alpenfestung nach Österreich führt, legt den Verdacht nahe, dass auch ein Schuss Adolf Hitler in Rowlings Hexenküche zu Depps Figur beigemischt wurde. Damit ist die Stoßrichtung für Teil 2 im groben jedenfalls klar: Es geht um die Weltherrschaft und um die Beseitigung aller, die keine Zauberer, also Untermenschen sind.

Visuelle Oppulenz und familientauglicher Zauber

Regisseur David Yates, der Teil 1 sowie vier Harry-Potter-Filme inszeniert hat, setzt auf eine üppige Inszenierung, in der die Vielzahl an handlungstragenden Figuren auch einen antiken Dramatiker stolz gemacht hätte. Da wir uns durchwegs unter Zauberern bewegen, sind dem visuellen Einfallsreichtum naturgemäß keine Grenzen gesetzt. Zwischen London und Paris liegt nur ein Zeig mit dem Zauberstab, mittels Konzentration können wahlweise mit blitzgleichen Ladungen Gegner vernichtet oder die eigene Erscheinung verändert werden. Europa nach der Jahrhundertwende besteht aus wundersamen Gebäuden, die ein Eigenleben haben, während in den Straßen immer wieder neue kuriose Tierwesen auftauchen, die allerdings eher die Emotion des Zusehers stimulieren sollen, als dass sie für die Handlung relevant wären. Wer den ersten Teil dieser Anthologie versäumt haben sollte, kann dennoch mühelos auch jetzt noch einsteigen: die Opulenz und barocke Pracht der Metamorphosen dieser Fantasywelten, beeindruckend von den CGI-Zauberern in Szene gesetzt, halten genügend komische oder auch unheimliche Momente parat, um die Sinne beschäftigt zu halten. Das ist taktisch insofern klug gedacht, als es dem Zuseher vor allem in der ersten Hälfte der Geschichte nicht immer leicht fällt, der Vielzahl an Figuren zu folgen. Selbst Autorin Rowling hatte bereits angekündigt, ein eigenes Glossar für die Bewohner ihrer Welten zu erstellen. Trotz allem Bombast drängt "Phantastische Tierwesen" sein Publikum nicht zu übermenschlichen kognitiven Leistungen. Eigentlich bleibt Rowling sogar ziemlich irdisch, wenn sie das Geschehen zwischen Love Stories und innerem Unfrieden, zwischen Begehrlichkeiten und Machtstreben ansiedelt. Bräuchte man eine Oberzeile für die Handlung von Teil 2, dann wäre es die, dass sich verdammt noch mal irgendjemand in diesem aus den Fugen geratenden Universum dem Oberfiesling Grindelwald entgegenstellen muss. Der Weg dorthin gibt nicht von ungefähr genügend Zeit, um die Figuren besser kennenzulernen. Die zentrale Rolle nimmt dabei wohl Newt Scamander (Eddie Redmayn) ein, dessen Faible für Tierwesen nicht unwesentlich zum Unterhaltungswert beiträgt. Der Magierzoologe wird vom Zaubereiministerium beauftragt, nach Paris zu reisen, wo sich sowohl Grindelwald wie auch Credence Barebone (Ezra Miller) aufhält, der eine unheimlichen Magie in sich trägt. Mit Leta Lestrange (Zoe Kravitz) und Tina Goldstein (Katherine Waterston) wird der liebenswerte Nerd von zwei Frauen umkreist, die ihrerseits einflussreiche Playerinnen in diesem Spiel sind. Rasche Entscheidungen sind darin jedenfalls nicht zu erwarten. Wie in jeder dieser Filmreihen bringt das reichliche Zeitbudget keine Notwendigkeit zur Effizienz mit sich, sondern lässt einen im Augenblick des Fantastischen fröhnen.