Neu in den Kinos: „Ein kleines Stück vom Kuchen“ (Foto: Alamode)
Walter Gasperi · 15. Nov 2018 · Film

Aktuell in den Filmclubs (16.11. - 22.11.2018)

Das Filmforum Bregenz zeigt diese Woche Nikolaus Leytners Verfilmung von Robert Seethalers Besteller „Der Trafikant“. Am Spielboden Dornbirn wird die Reihe mit Filmen über große Maler mit Mike Leighs meisterhaftem „Mr. Turner – Meister des Lichts“ fortgesetzt.

Der Trafikant: 1937 kommt der 17-jährige Franz aus der Provinz nach Wien. Dort erlebt der junge Mann die erste große Liebe, eine Freundschaft zu Sigmund Freud und den Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland.
Man spürt die Herkunft des Regisseurs Nikolaus Leytner vom Fernsehen: Zu aufgeräumt und kulissenhaft wirken die Schauplätze seiner Verfilmung von Robert Seethalers Roman, echte Atmosphäre kommt hier kaum auf. Zudem kann sich Leytner nicht entscheiden, wovon er wirklich erzählen will. Da geht es einmal um das Coming-of-Age von Franz, doch seine große Liebe verabschiedet sich bald wieder für längere Zeit aus dem Film, bald geht es um die Stimmung vor und während des Anschlusses und die damit verbundenen gesellschaftlichen Veränderungen und schließlich um die Freundschaft zu Sigmund Freud. Mit letzterer kommt dann auch noch Freuds Traumtheorie ins Spiel.
Hauptproblem ist aber die biedere Erzählweise und die uninspirierte Bebilderung der Vorlage. Redlich bemühen sich zwar die Schauspieler, aber letztlich gewinnt außer dem von Simon Morze gespielten Franz und Bruno Ganz´ sanftem Sigmund Freud keine Figur wirklich Profil. Aber auch die Freundschaft über die Generationen hinweg zwischen dem lebensklugen Professor und dem unerfahrenen jungen Mann, zu dessen Lebensratgeber Freud wird, bleibt klischeehaft und der Herr Professor darf vor allem Kalenderweisheiten zu Leben und Liebe von sich geben.
Vor allem gegen Ende hin entwickelt sich so die Handlung behäbig und man fühlt sich mehr in einem braven Fernsehfilm als im Kino.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Sa 17.11., 22 Uhr


Mr. Turner – Meister des Lichts:  William Turner gilt nicht nur als führender Vertreter der Romantik, sondern auch als Wegbereiter des Impressionismus. Abseits der gängigen Muster von Biopics hakt Mike Leigh nicht Stationen in Turners Leben ab, sondern zeichnet vielmehr ein Porträt des alternden Malers, blickt auf den Kunstbetrieb ebenso wie auf den Alltag und den technologischen Umbruch in der Mitte des 19. Jahrhunderts.
Neben der herausragenden Kameraarbeit von Dick Pope, die sich in Farb- und Lichtsetzung an Bildern Turners orientiert, der Detailtreue in der Ausstattung, mit der eine Zeit und eine Welt zum Leben erweckt wird, ist es Timothy Spall in der Titelrolle, der dieses filmische Meisterwerk trägt.
Zwei Jahre hat Leigh Spall Turners Maltechnik für diese Rolle seines Lebens studieren und trainieren lassen. Wie er nun als bulliger Turner durch die Gassen stapft, wie er die Unterlippe vorschiebt, wie er immer wieder grummelt und grunzt statt wirklich zu sprechen, ist ein Vergnügen anzusehen. Haarscharf an der Grenze zum Overacting schrammt der in Cannes als bester Darsteller ausgezeichnete Stammschauspieler Leighs vorbei, der aber auch tief bewegen kann, wenn er beim sterbenden Vater zunächst in leise Tränen und schließlich in lautes Schluchzen ausbricht.
Ein Genuss ist dieser Film aber auch – zumindest in der Originalfassung – in sprachlicher Hinsicht. Da wird für einmal glücklicherweise nicht eine Einheitssprache gesprochen, sondern die einfachen Leute reden in einem anderen Soziolekt als die vornehme Gesellschaft, über die sich Leigh bei einer Abendgesellschaft, in der über das ideale Klima für die Stachelbeere diskutiert wird, herrlich lustig macht.
Spielboden Dornbirn: Do 22.11., 19.30 Uhr