"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Walter Gasperi · 20. Aug 2020 · Film

Aktuell in den Filmclubs (21.8. - 27.8. 2020)

Beim Filmfest Vaduz läuft dieses Wochenende unter anderem Nicholas Roegs 1973 entstandenes, immer noch verstörendes Meisterwerk "Don´t Look Now". Beim Filmforum Bregenz wird dagegen mit "L´ora legale – Ab heute sind wir ehrlich" eine rasante italienische Komödie gezeigt.

Don´t Look Now: „Nichts ist so, wie es scheint“ stellt Laura Baxter (Julie Christie) am Beginn fest, während sie mit ihrem Mann, dem Kunstrestaurator John Baxter (Donald Sutherland), Dias von Kirchenfenstern betrachtet. Beiläufig mag diese Aussage fallen, doch sie ist ebenso zentral für Nicolas Roegs 1973 gedrehten Thriller wie Johns spätere Bemerkung „Sehen heißt glauben“ und natürlich der Titel „Don´t Look Now“. Ins Zentrum von Roegs drittem Spielfilm führen diese Zitate, in dem es im Kern ums Sehen, um Wahrnehmung und Täuschung, um Realität und Einbildung, aber auch um die Möglichkeit eines prophetischen Sehens mit einem inneren Auge geht.
Vom verregneten England ins morbide Venedig verlagert sich die Handlung nach dem Unfalltod der Tochter des Paares, doch speziell John kommt über den Verlust nicht hinweg und wird zunehmend von Erinnerungen, aber auch von Visionen zukünftiger Ereignisse verfolgt.
Wie den Protagonisten stürzt Roeg dabei auch den Zuschauer mit einer ebenso eigenwilligen wie elaborierten Bildsprache in dieser Mischung aus Mystery-Thriller und Ehedrama in eine Bilderwelt, bei der sich letztlich nicht alles aufschlüsseln lässt. Gerade aber der Umstand, dass „Don´t Look Now“ damit auch 47 Jahre nach seiner Entstehung immer noch irritiert, macht diesen visuell brillanten Thriller zu einem zeitlosen Meisterwerk.
Filmfest Vaduz (Open Air), Peter-Kaiser-Platz, Vaduz: Fr 21.8., 21 Uhr

 

L´ora legale – Ab heute sind wir ehrlich: Mit 1,8 Millionen Kinoeintritten gelang dem Komikerduo Salvo Ficarra und Valentino Picone 2017 der größte italienische Komödienerfolg. Malerisch liegt das fiktive sizilianische Städtchen Pietrammare am Meer, doch unzufrieden ist man mit dem Bürgermeister angesichts von Müllproblem, Verkehrsstau und Umweltverschmutzung.
Zunehmend lauter wird der Ruf nach einer Veränderung und bei der anstehenden Wahl fährt folglich ein politisch unerfahrener, aber rechtschaffener Lehrer einen klaren Sieg ein. Sofort beginnt dieser die Wahlversprechen kompromisslos umzusetzen, doch der Bevölkerung gehen diese Reformen bald entschieden zu weit.
Was als rasante und mit Detailreichtum punktende Abrechnung mit korrupten Politikern beginnt, wandelt sich so zunehmend zur scharfen Kritik an einer Bevölkerung, die in Wirklichkeit gar keine Veränderung will, sondern einzig an der Wahrung der eigenen Privilegien interessiert ist. Abgefedert wird der Biss dabei aber nicht nur durch das spürbare Verständnis Ficarras und Picones für das allzu menschliche Verhalten, sondern auch durch den leichten Erzählton. Statt bohrend die Missstände auszuloten, darf hier auch Klamauk nicht zu kurz kommen und statt plastische Charaktere werden plakative Typen gezeichnet. Die Nachwirkung bleibt so gering, aber immerhin wird man über 90 Minuten flott unterhalten.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi 26.8., 20 Uhr

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