Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Walter Gasperi · 20. Feb 2020 · Film

Aktuell in den Filmclubs (21.2. - 27.2. 2020)

Die LeinwandLounge in der Remise Bludenz lädt diese Woche mit dem Kultfilm "The Rocky Horror Picture Show" zu Filmvorführung und anschließender Filmparty. Das Filmforum Bregenz zeigt den zurückhaltenden indischen Liebesfilm "Photograph".

The Rocky Horror Picture Show: Vom grell geschminkten und maskierten Publikum werden bei diesem Film für gewöhnlich Wunderkerzen angezündet und Reiskörner auf die Leinwand geworfen. - Der Kinobesuch als Happening. - Was aber führt zu diesem Kultcharakter?
Keine Großproduktion, sondern ein kleiner Film mit einer einfachen, möglichst trashigen Story scheinen unabdingbare Voraussetzungen eines Kultfilms zu sein. Grell und überzogen sollte auch die Inszenierung sein. Mit vulgärer blutroter Oberlippe vor schwarzem Hintergrund beginnt dieses Musical und ein geiles Abenteuer wird versprochen. Dem wiederum widerspricht der Auftakt mit Mendelssohn-Bartholdys Hochzeitsmarsch, einer unglaublich kitschigen Hochzeitsszene, bei der sich mit Janet und Brad auch ein konservatives amerikanisches Paradepärchen findet.
Bis aufs Äußerste werden hier Klischees ausgereizt und nicht nur die heile amerikanische Welt wird parodiert, sondern in der nächtlichen Panne und anschließenden Herbergssuche ("There is a Light in the Darkness of Everybodys Life") auch das Horrorgenre.
Ein Leben jenseits aller bürgerlichen Normen lernen Janet und Brad im mysteriösen Schloss des in knalligem Korsett und Strapsen auftretenden Frank N. Furter, dem "sweet transvestite from transsexual Transsylvania" kennen. Gefangen von dieser von Sex und Vulgarität dominierten Gegenwelt verliert das Pärchen seine Hemmungen und gibt sich auch dem leidenschaftlichen Spiel hin. Statt "Let the Sunshine in" ("Hair") heißt es nun "Let the Devil in" und die eingängigen und einfachen Songs regen auch das Publikum zum Mitsingen an.
Verdreht und freaky wie die Story sind auch die Kulissen und die Kostüme und die jenseits aller bürgerlichen Normen lebenden Figuren wie der bucklige Diener Riff-Raff. Unbefangen wird hier mit Homo-, Bi- und Transsexualität umgegangen und die unübersehbare Spielfreude der Akteure überträgt sich auf das Publikum. - Von Freiheit und von lustbetontem Leben jenseits aller gesellschaftlichen Zwänge erzählt "The Rocky Horror Picture Show" auf jeder Ebene und hat sich dadurch eine Kultgemeinde geschaffen, Fans, die nicht kritisch hinterfragen, sondern sich hemmungslos ihrer religiöser Anbetung ähnlichen Verehrung hingeben.
LeinwandLounge in der Remise Bludenz: Fr 21.2., 19 Uhr – mit anschließender Party mit Filmmusik


Photograph:
Sechs Jahre nach seinem Programmkino-Erfolg „The Lunchbox“ erzählt Ritesh Batra erneut von einer im Grunde unmöglichen Liebe in Mumbai. Nichts verbindet die etwa 20-jährige Miloni, die aus gehobenem Haus stammt, und den deutlich älteren Straßenfotografen Rafi. Rasch trennen sich ihre Wege nach einer zufälligen Begegnung. Als aber seine Großmutter aus ihrem Dorf in die Großstadt kommt, macht Rafi Miloni wieder ausfindig und bittet sie vor der Oma seine zukünftige Frau zu spielen. Es bleibt freilich nicht beim Spiel, denn langsam kommen sich die beiden verlorenen Seelen, die sich in ihrer Welt nicht wohl fühlen, näher.
Geschönt wirkt in den in warme Farben und Licht getauchten Bildern das Elend der Metropole, nicht harte Sozialkritik will Batra bieten, sondern eine zarte und leise Liebesgeschichte. Wunderbar zurückhaltend spielen Nawazuddin Siddiqui und Sanya Malhotra dieses ungleiche Paar. Wenig sprechen sie, doch in ihren Blicken spürt man, dass sie mit ihrem Leben nicht glücklich sind, dass sie zwar einerseits die Vorgaben von Großmutter bzw. Eltern erfüllen wollen, sich aber bewusst sind, dass sie sich dadurch selbst verlieren.
Nie forciert Batra die Emotionen, sondern lässt den Charakteren in langen Einstellungen Raum und Zeit. Unterstützt wird die zurückhaltende und feinfühlige Inszenierung durch den dosierten Musikeinsatz, der zusammen mit den eleganten Bildern atmosphärisch dicht die Stimmung der Sehnsucht und Melancholie beschwört, die diesen warmherzigen und zutiefst menschlichen Film durchzieht.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi  26.2., 20 Uhr


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