Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Walter Gasperi · 18. Jul 2019 · Film

Aktuell in den Filmclubs (19.7. - 25.7. 2019)

Beim FKC Dornbirn steht diese Woche der ebenso anregende wie informative Ö1-Dokumentarfilm "Gehört, gesehen - Ein Radiofilm" auf dem Programm. Das Kinotheater Madlen in Heerbrugg zeigt dagegen als "Besonderen Film" das Musikerdrama "Au bout des doigts – Der Klavierspieler vom Gare du Nord".

Au bout des doigts – Der Klavierspieler vom Gare du Nord: Der Direktor des Pariser Konservatoriums entdeckt am Gare du Nord einen hochbegabten jungen Klavierspieler aus der Banlieue und nimmt ihn unter seine Fittiche.
Vorhersehbar ist die Geschichte, Ludovic Bernard hat sie aber kompakt und mit Drive inszeniert. Hier gibt es keine überflüssige Szene, wie am Reißbrett entworfen wirkt das Drehbuch, keine Leerstellen gibt es, keinen Moment zum Ausruhen oder um sich umzuschauen.
Visuell arbeitet Bernard dabei durchgängig mit aufgeräumten Hochglanzbildern. Hier gibt es keinen Schmutz und Dreck, alles wirkt klinisch sauber, perfekt aufeinander abgestimmt sind immer Licht und Farben, wenn beispielsweise die Klavierstunde in einem weißen Raum vor breiter Fensterfront stattfindet und nur die schwarzen Kleider von Mathieu und der Lehrerin sowie der schwarze Flügel für einen markanten – und den einzigen – farblichen Kontrast sorgen. Dramatisches Potential entwickeln Bernard und sein Co-Drehbuchautor Johanne Bernard nicht nur durch den Gegensatz zwischen den beiden älteren und erfahrenen Mentoren und ihrem jungen Schützling, sondern natürlich auch durch das soziale Spannungsfeld zwischen Hochkultur und Banlieue.
Neben dem stark aufspielenden und sich bestens ergänzenden Trio Lambert Wilson, Kristin Scott Thomas und dem Newcomer Jules Benchetrit ist es freilich nicht zuletzt die Musik die diesen Film trägt. Von Bach über Brahms bis zu dem als äußerst schwer zu spielenden 2. Klavierkonzert von Rachmaninov spannt sich hier der Bogen. - Musikalischer Genuss ist damit garantiert und lässt dann doch über die reißbretthafte und klischeehafte Handlung mit der doch altbekannten Lehrer-Schüler-Geschichte, die auch ein entschiedenes Plädoyer für Fleiß und Einsatz bietet, hinwegsehen.
Kinotheater Madlen, Heerbrugg: Mo 22.7., 20.15 Uhr

Gehört, gesehen – Ein Radiofilm: Jakob Brossmann und David Paede nähern sich mit den Mitteln des Direct Cinema dem Radiosender Ö1. Kommentarlos bietet das Regie-Duo ganz im Stil von Frederic Wiseman vielfältige Einblicke und spannt den Bogen von Programmsitzungen über Diskussionen über die Rolle von Ö1 in einer veränderten Medienlandschaft und die Erneuerung des Senders, des Logos und der Signatur bis zu den sinkenden Zuhörerzahlen und dem Reinigungsdienst.
So objektiv der Blick auf den erfolgreichsten öffentlich-rechtlichen Kultur- und Informationssender Europas ist, dessen Programm täglich einer 300-seitigen Zeitung entspricht, so klar und entschieden ist doch das Plädoyer für die Erhaltung von Ö1 und die Absage an Überlegungen zur Abschaffung der Rundfunkgebühren.
Das gelingt Brossmann/Paede einerseits durch die anregende Vermittlung des vielfältigen Programms dieses Senders, andererseits auch durch die Leidenschaft und das Engagement der Redakteure, das hier vermittelt wird, und schließlich ganz dezidiert durch Robert Menasses Festrede zum 50. Geburtstag von Ö1. Gezielt ans Ende gesetzt ist auch das Gespräch eines Redakteurs mit einem Experten für Moos, dessen Gefährdung unübersehbar auch für die Gefährdung von Ö1 steht.
FKC Dornbirn im Cinema Dornbirn: Mi 24.7., 18 Uhr + Do 25.7., 19.30 Uhr

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