Fouad Boussouf mit einer österreichischen Erstaufführung des Stückes „Fêu“ zu Gast beim „Bregenzer Frühling“ (Foto: Antoine Friboulet)
Walter Gasperi · 18. Nov 2021 · Film

Aktuell in den Filmclubs (19.11. - 25.11. 2021)

Im Skino Schaan läuft diese Woche mit "Hive" nochmals ein eindrücklicher Spielfilm über die Selbstermächtigung von Frauen im Kosovo. Bei der LeinwandLounge in der Remise Bludenz steht dagegen Thomas Vinterbergs vielfach ausgezeichnete Tragikomödie "Drunk – Der Rausch" auf dem Programm, in der sich vier Lehrer mit kontrolliertem Alkoholkonsum aus ihren Krisen trinken wollen.

Hive: Im März 1999 machte ein Massaker der Serben über 100 Frauen im kosovarischen Dorf Krusha e Madhe zu Witwen. Auf sich allein gestellt, sahen sie sich gezwungen selbst Geschäfte zu betreiben, stießen damit in der patriarchalen Gesellschaft aber auf heftigen Widerstand.
Blerta Basholli zeichnet in ihrem Spielfilmdebüt bewegend die von der Mitdreißigerin Fahrije Hoti (Yilka Gashi) angeführte Selbstermächtigung nach und bekräftigt im Nachspann die Authentizität des Erzählten durch Archivaufnahmen und Inserts. Hat Fahrije zunächst nur eine Mitstreiterin, so schließen sich langsam trotz – oder vielleicht auch gerade wegen – Repressalien durch die Männer zunehmend mehr Dorfbewohnerinnen dieser Frauenkooperation an. Gleichzeitig belastet Fahrije aber auch immer die Ungewissheit über das Schicksal ihres Mannes.
Basholli erzählt ruhig, setzt Musik nur reduziert ein, vertraut auf ihre physisch sehr präsente Hauptdarstellerin Yilka Gashi, die fast in jeder Szene zu sehen ist und den Film trägt.
Eingebettet in ein ebenso beiläufig wie präzise eingefangenes gesellschaftliches Milieu, das spüren lässt, dass die 38-jährige Regisseurin dieses genau kennt, entwickelt sich so ein dichtes Drama, das bewegend an die Gräuel des Kosovokriegs erinnert, entschieden mit der patriarchalen Gesellschaft abrechnet und empathisch der Stärke dieser Frauen und vor allem Fahrije, die mit ihrer Aufgabe zunehmend wächst, ein eindrückliches Denkmal setzt.
Skino Schaan: Di 23.11., 18.15 Uhr


Drunk – Der Rausch:
Sollte man nicht permanent 0,5 Promille Blutalkohol haben? Würde die daraus resultierende Lockerheit die persönlichen Beziehungen und die beruflichen Leistungen nicht verbessern? – Vier dänische Lehrer wollen dies in Thomas Vinterbergs mit Oscar und Europäischem Filmpreis ausgezeichneter Tragikomödie erproben.
Kein Trinkerdrama im Stil von Billy Wilders " Lost Weekend" oder Blake Edwards "Days of Wine and Roses" ist der Film des Dogma-Mitbegründers ("Das Fest", 1998), sondern der Däne bleibt seinem Thema gegenüber konsequent offen. Vinterberg bezieht keine Position, moralisiert nicht, sondern feiert die Lebensfreude und Entspannung, die Alkohol auslösen kann, spart aber auch die negativen Auswirkungen nicht aus. Nicht um die legale Droge an sich geht es dabei im Kern, sondern vielmehr um die Frage, ob dies denn die einzige Möglichkeit ist, maximale Lebensfreude zu finden und sich zu erhalten.
Ambivalent bleibt diese Tragikomödie, die leichthändig und bruchlos zwischen Momenten der Euphorie, die auch über die Musik intensiv beschworen wird, und Katerstimmung pendelt bis zum Finale. Denn mag die Trinklust davor auch zu Abstürzen, heftigen Konflikten und peinlichen Momenten geführt haben und mag einer auch die Kontrolle über den Alkohol völlig verloren haben, so wird bei der Abschlussfeier der Schüler*innen, doch nochmals mitreißend die Lebensfreude beschworen, wenn der groß aufspielende Mads Mikkelsen entfesselt tanzt und die Champagner-Dusche genießt.
LeinwandLounge in der Remise Bludenz: Mi 24.11., 19 Uhr

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