Aktuell in den Filmclubs (17.9. - 23.9. 2021)
Am Spielboden Dornbirn startet diese Woche Peter Madsens Stummfilmreihe mit Georg Wilhelm Pabsts "Die Büchse der Pandora". Im Heerbrugger Kinotheater Madlen steht mit "Wer wir waren" ein bildstarker und gedankenreicher Essayfilm über Zustand und Zukunft der Erde auf dem Programm.
Peter Madsen and CIA Play Silent Movies - Die Büchse der Pandora: Nach Frank Wedekinds Dramen "Erdgeist" und "Die Büchse der Pandora" erzählt Georg Wilhelm Pabst von der verführerischen Lulu (Louise Brooks), die den Männern das Verderben bringt. Pabst zeichnet das Revue-Girl aber nicht als männerverschlingenden Vamp, sondern als zwar verführerisch, aber als kindlich naiv. Großartig wird sie von der Amerikanerin Louise Brooks gespielt, meisterhaft bringen Pabst und Kameramann Günther Krampf in Großaufnahmen, die Brooks´ Gesicht durch kunstvolle Ausleuchtung eine besondere Aura verleihen, ihr Lächeln und ihre Blicke zur Geltung.
Mit flüssiger Montage, bestechendem Wechsel zwischen Großaufnahmen und Totalen, die die Handlung in einem sozialen Raum verankern, erzählt Pabst die Geschichte eines sozialen Abstiegs und der Verführungskraft einer Frau. Wie Lulu aber im Grunde nichts Böses will, so zeichnet Pabst auch ein ungewöhnliches Bild von Jack the Ripper, den Lulu schließlich als Prostituierte in London in ihre kleine Dachwohnung holt . Das ist hier kein brutaler Mörder, sondern ein sanfter Mann, der kein Verbrechen begehen möchte, sondern vielmehr – ähnlich wie nur zwei Jahre später Peter Lorre in Fritz Langs „M“ – von inneren Dämonen dazu getrieben wird. Ungewöhnlich und gewagt für die damalige Zeit war aber auch, dass Lulu nicht nur Beziehungen zu Männern hat, sondern auch eine lesbische Beziehung zu einer Gräfin.
Spielboden Dornbirn: Mi 22.9., 20 Uhr
Wer wir waren: Ausgehend von Roger Willemsens titelgebendem Buch lässt Marc Bauder in seinem Essayfilm sechs Wissenschaftler*innen über Zustand und Zukunft der Welt reflektieren und feiert gleichzeitig in großartigen Bildern den kleinen, aber vielfach schon zerstörten Planeten Erde. Während der Astronaut Alexander Gerst von der Raumstation ISS auf die Erde blickt, entführt die Meeresbiologin Sylvia Earle in die Tiefsee. Der Wirtschaftswissenschaftler David Snower wiederum plädiert für globale Kooperation und der westlichen Perspektive wird mit dem Sozialwissenschaftler und Philosophen Felwine Sarr, der auf die Folgen des Klimawandels für Afrika hinweist, die afrikanische Perspektive gegenübergestellt. Mehr Spiritualität fordert der buddhistische Mönch Matthieu Ricard und die Roboterethikerin Janina Loh erinnert angesichts der Zerstörungen am verseuchten Strand von Fukushima an die ungeheure Macht des Menschen, der so viel erschaffen und gleichzeitig auch alles zerstören kann.
In stimmigem Rhythmus verbindet Bauder, der sich selbst zurücknimmt und den Raum ganz seinen Protagonist*innen überlässt, die Statements mit starken Bildern, die durch das Sounddesign noch intensiviert werden. Viel Raum zum Nachdenken lässt er dabei mit wortlosen Bildern der Schönheit und Einzigartigkeit dieses Planeten auf der einen Seite und Bildern der Zerstörung auf der anderen.
Diese Arbeit mit Antithesen bestimmt den ganzen Film. Denn da treffen eben nicht nur Schönheit der Erde und Zerstörung sowie Weltall und Tiefsee aufeinander, sondern eben auch Afrika und die reiche westliche Welt. Das Spiel mit Gegensätzen macht dabei auch bewusst, dass alles miteinander verbunden ist und dass ganz im Sinne Snowers nur ein Blick aufs Gesamte und Kooperation die Lösung des globalen Problems bringen kann.
Pessimistisch wird dieser Dokumentarfilm dabei nie, sondern macht mit dem Engagement der Protagonist*innen vielmehr Hoffnung, dass es noch nicht zu spät ist, zeigt aber auch klar auf, dass es an uns selbst liegt umzudenken und aktiv zu werden.
Kinotheater Madlen, Heerbrugg: Mo, 20.9., 20.15 Uhr
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