Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Walter Gasperi · 09. Apr 2009 · Film

Aktuell in den Filmclubs (13.4. - 19.4.2009)

Giorni e Nuvole – Tage und Wolken: Ganz auf der Höhe der Zeit ist Silvio Soldini mit seinem bewegenden Drama. Hervorragend eingebettet in das Ambiente der Hafenstadt Genua erzählt der Schweiz-Italiener vom Teilhaber eines in der Schifffahrtsbranche tätigen Unternehmens, der von seinem Kompagnon vor die Tür gesetzt wird. Mit genauem Blick für Details und getragen von hervorragenden Darstellern schildert Soldini die schleichend immer schlimmer werdenden Folgen des Jobverlusts. Stehen am Beginn materielle Einschränkungen wie der Verzicht auf eine Fernreise, folgt bald der Umzug aus der geräumigen Altbauwohnung im Zentrum in einen tristen Wohnblock am Stadtrand. Weit schlimmer aber sind die psychischen Folgen, die Demütigungen bei der Suche nach einem neuen Job, das Gefühl überflüssig und wertlos zu sein und die Scham gegenüber Frau und Tochter. Unaufhaltsam dreht sich die Spirale nach unten, und dennoch gelingt Soldini ein wunderbar offenes Ende, das den Zuschauer nicht völlig deprimiert, sondern mit einem kleinen Hoffnungsschimmer entlässt.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Do, 16.4., 20 Uhr; Sa, 18.4., 22 Uhr
TaSkino Feldkirch im Kino Namenlos: Mi, 6.5., 19.30 Uhr; Do, 7.5., 21.30 Uhr
FKC Dornbirn in den Weltlichtspielen Dornbirn: Do, 7.5., 19.30 Uhr; Fr, 8.5., 21.30 Uhr


Mr. Brooks – Der Mörder in Dir: Nach außen hin erfolgreicher Kartonagenhersteller verbirgt sich in Mr. Brooks (Kevin Costner) ein zweites Ich, das sich in Bruce A. Evans pechschwarzer Thrillerkomödie nicht nur zu Wort meldet, sondern in der Gestalt von William (William Hurt) auch leibhaftig auftritt, auf den biederen Bürger einredet und ihn zu brutalen Morden bewegt. Die Lage kompliziert sich für den psychopathischen Nachfahren von „Dr. Jekyll & Mr. Hyde“, als ein Fotograf Schnappschüsse von einem Mord macht, dafür aber kein Geld fordert, sondern … - Etwas viel mag Evans gegen Ende hin in seinen zweiten Spielfilm hineingepackt haben, und den einen oder anderen Haken zu viel mag die Handlung schlagen, bitterböse Unterhaltung, gnadenlose Abrechnung mit dem wohlsituierten amerikanischen Bürgertum und mit Sensationsgier ist ihm aber allemal gelungen.
TaSkino Feldkirch im Kino Namenlos: Fr, 17.4., 22 Uhr; Sa, 18.4., 22 Uhr; Mo, 20.4., 19.30 Uhr; Di, 21.4., 21.30 Uhr; Mi, 22.4., 19.30 Uhr; Do, 23.4., 21.30 Uhr


Mystery Train: Zu Elvis Presleys „Mystery Train“ kommt ein Zug in Memphis, Tennessee an. Ein junges japanisches Pärchen steigt aus und streift durch die Stadt, in der der „King“ allgegenwärtig ist, in den Sun-Studios und in Graceland, in Geschichten und einmal sogar als leibhaftiger Geist und natürlich als Foto auch in den Zimmern des Hotels, in dem die beiden Japaner schließlich in der „Far from Yokohama“ betitelten Episode landen. Mit dem Zwischentitel „A Ghost“ folgt nach rund 40 Minuten eine zweite Episode, in der eine italienische Witwe zufällig mit einer jungen Amerikanerin im gleichen Hotel landen wird, ehe in „Out of Space“ schließlich auch zwei amerikanische und ein englischer Underdog im Laufe einer wilden Nacht ebenfalls dort Zuflucht suchen. Weil die hintereinander erzählten Geschichten aber zeitgleich ablaufen, sich zwar nicht schneiden, aber über den Ton durch einen Schuss, den jeweils um 2.17 Uhr im Radio gespielten Elvis-Song „Blue Moon“ und einen über eine Überführung fahrenden Zug miteinander ebenso verbunden sind wie durch die von Screamin´ Jay Hawkins und Cinquè Lee gespielten Rezeptionisten, die mit ihrem Deadpan-Acting sogar einem Buster Keaton kaum nachstehen, bleibt es freilich nicht bei isolierten Episoden, sondern die lakonisch erzählten Geschichten, in denen es jeweils um Einsamkeit und Kommunikationslosigkeit geht, fügen sich im Kopf des Zuschauers zu einem Gesamtbild von den Zufälligkeiten, die das Leben bestimmen. – Immer noch evoziert kein Regisseur die innere Leere und Verlorenheit der Figuren bei aller Melancholie komischer und prägnanter als Jim Jarmusch, und auch die Stimmung dieses Films beschreibt kein Satz schöner als Roberto Benignis Dialogzeile aus „Down by Law“: „It´s a sad and beautiful world“.
Cafe Tritsch, Egg: So, 19.4., 20.30 Uhr


Home: Der Bewegung, die sonst das Kino vielfach dominiert, stellt die Westschweizerin Ursula Meier in ihrem mit dem Schweizer Filmpreis ausgezeichneten Spielfilm den – zumindest äußeren – Stillstand gegenüber: Ein Haus mit Garten am Rand einer anfangs noch nicht in Betrieb genommenen, bald aber viel befahrenen Autobahn ist der einzige Schauplatz, die fünfköpfige Familie, die dieses Haus bewohnt, sind die einzigen Figuren. Hier haben sie ein Heim gefunden, spielen anfangs Rollhockey auf der Asphaltpiste oder stellen dort den Tisch fürs Abendessen und eine Couch für einen Fernsehabend auf. Vertreiben lassen wollen sie sich durch die Inbetriebnahme der Autobahn nicht, auch wenn das Leben schwieriger wird. – Wunderbar trocken und mit großer Konsequenz erzählt Ursula Meier diese skurrile, zunehmend absurde Züge annehmende Geschichte und feiert dabei die Familie als Hort der Menschlichkeit, während dem viel gepriesenen Fortschritt eine Absage erteilt wird, bringt er doch dem Menschen nicht die Freiheit, sondern schränkt ihn viel mehr ein, beraubt ihn seiner Autonomie und bestimmt und bedroht ihn.
Takino Schaan: Do, 16.4., 20.30 Uhr; Fr, 17.4. – Mo, 20.4. -  jeweils 18.30 Uhr


Leergut: Als Leergut fühlt sich gewissermaßen der Lehrer Beppo nach seiner Pensionierung. Weil er es zuhause bei seiner Frau nicht aushält, macht er sich auf die Suche nach einem Job und landet dabei schließlich in der Leergutabteilung eines Supermarkts. Mehr als die Entgegennahme leerer Flaschen interessiert ihn aber der soziale Kontakt. Allerorten bemüht er sich so die Menschen zusammenzubringen, während es in seiner Ehe immer schlechter läuft. – Warmherzig blickt der Tscheche Jan Sverák in seiner Tragikomödie, die er ganz auf seinen die Hauptrolle spielenden Vater Zdenek Sverák zugeschnitten hat, auf die Menschen. Mit Vergnügen und Schmunzeln kann man der Handlung folgen, aber wie bei zu viel Süßigkeiten kann einem mit der Zeit Sveráks Gutmenschentum, die Verharmlosung von Problemen und die allzu sanfte Kritik an Kapitalismus und Rationalisierung auch ungut aufstoßen.
Takino Schaan: Fr, 17.4. und Di, 21.4. – jeweils 14.30 Uhr


Der Weg nach Mekka – Die Reise des Muhammad Asad:  Georg Misch zeichnet in seinem sorgfältig recherchierten Dokumentarfilm mit Familienfotos und prägnant gesetztem Off-Kommentar, vor allem aber mit zahlreichen Interviews und einer Reise um die halbe Welt den Lebensweg von Muhammad Asad nach, der als Jude 1900 in der Habsburgermonarchie geboren wurde, 1926 aber nach Palästina ging und zum Islam konvertierte, dann wesentlich an der Gründung Pakistans beteiligt war und immer, geprägt von der europäischen Aufklärung, für einen liberalen Islam eintrat. - Gekonnt verknüpft Misch Einst und Jetzt, macht ausgehend von der Lebensbeschreibung heutigen Fanatismus und Konfliktfelder wie die österreichische Ausländerfeindlichkeit, den Nahostkonflikt, den islamischen Fundamentalismus ebenso wie den amerikanischen Antiislamismus sichtbar und stellt all diesen fanatischen Positionen die Offenheit Asads und seine Forderung selbstständig zu denken gegenüber.
Spielboden Dornbirn: Sa, 18.4. und Di, 28.4. – jeweils 20.30 Uhr


Weiters:
Changeling – Der fremde Sohn
– Kino Madlen, Heerbrugg: Mo, 13.4., 20.15 Uhr
The Cats of Mirikitani – Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Mi, 15.4., 20 Uhr; Fr, 17.4. 22 Uhr
Entre les murs – Die Klasse – FKC Dornbirn in den Weltlichtspielen Dornbirn: Do, 16.4., 19.30 Uhr; Fr, 17.4., 21.30 Uhr