„Kaffee und Zucker?“ Dokumentartheater im TAK in Liechtenstein © Pablo Hassmann
Walter Gasperi · 12. Mär 2020 · Film

Aktuell in den Filmclubs (13.3. - 19.3. 2020)

Im Rahmen der Programmkinoschiene in der Kinothek Lustenau wird diese (und nächste) Woche Claire Denis' Science-Fiction-Film "High Life" gezeigt. Am Spielboden Dornbirn startet die alljährliche Filmreihe zu psychischen Krankheiten, die in Kooperation mit pro mente Vorarlberg veranstaltet wird.

High Life: Die Französin Claire Denis schickt in ihrem ersten englischsprachigen Film eine Gruppe von Häftlingen auf eine Weltraummission. In kurzen Flashbacks und teilweise auch mit Voice-over erinnert sich einer davon – Monte (Robert Pattinson) – an sein Leben als Herumtreiber und Verbrecher auf der Erde. Dass es weitere Mitglieder der Besatzung gab, wird schon in der Pre-Title-Sequenz klar, wenn Monte seine toten Gefährten im All entsorgt. Wie diese im schwarzen Nichts hängen, ist eines der vielen magischen Weltraumbilder (Kamera: Yorrick Le Saux und Tomasz Naumiuk) dieses sehr meditativen Science-Fiction-Films, der auch durch das starke Sounddesign und die Musik von Tindersticks, die bei beinahe jedem Film von Denis für den Soundtrack verantwortlich zeichnen, eine ganz eigene ruhige, aber hypnotische Atmosphäre entwickelt.
Diese Weltraumbilder, die mit einem Schwarzen Loch und kreisenden Meteoriten wohl ganz gezielt Assoziationen an Eizelle und Sperma wecken sollen, führen aber auch wieder zu Denis' zentralen Themen und ins Innere des Raumschiffs zurück. Die offizielle Mission mag zwar sein, eine Energiequelle zu suchen, doch die Ärztin Dibs (Juliette Binoche) bemüht sich vor allem um die Zeugung eines Weltraumbabys.
Statt stringent eine Geschichte zu erzählen, benützt die Französin die im Raumschiff isolierte Besatzung als Versuchsanordnung, erkundet wie in diesem klaustrophobischen Raum das Innerste durchbricht und gesellschaftliche Tabus – nicht zufällig das erste Wort, das Monte dem Weltraumbaby Willow beibringt – überschritten werden. Die äußere Reise ins All wird so zum Bild für eine Reise ins Innere des Menschen und der Aufbruch ins gleißende Weiß mit der letzten Einstellung ist vielleicht auch ein Bild für die Überschreitung letzter gesellschaftlicher Grenzen.
Kinothek Lustenau: Di 17.3., 20 Uhr; Mi 18.3., 18 Uhr; Di 24.3., 20 Uhr; Mi 25.3., 18 Uhr

Filmreihe „Psychische Krankheiten“: Auch heuer wieder zeigt der Spielboden Dornbirn in Kooperation mit pro mente Vorarlberg in der Fastenzeit drei Spielfilme und einen Dokumentarfilm über psychische Krankheiten. Eröffnet wird die Filmreihe mit dem Spielfilm „Der Boden unter den Füßen“, in dem Marie Kreutzer von einer Managerin erzählt, die sukzessive in ein Burn-out rutscht. Andrea Rothenberg porträtiert dagegen in ihrem Dokumentarfilm „Tiefdruckgebiete“ eine Frau, die durch die frühe Trennung von ihrer leiblichen Mutter schwer traumatisiert wurde und über Jahrzehnte mit psychischen Problemen kämpfte.
Junge Männer stehen wiederum im Mittelpunkt der österreichischen Spielfilme „Nevrland“ und „Cops“. Gregor Schmidinger versetzt in „Nevrland“ mit großartigem Gespür für visuelle und akustische Gestaltung den Zuschauer in die Erfahrungswelt eines angehenden Studenten, der an zunehmend heftigeren Panikattacken leidet. Intensiv vermittelt Stefan A. Lukacs in „Cops“ schließlich den Gruppendruck und die psychische Belastung, die auf einem jungen Mitglied einer Spezialeinheit der Polizei lastet. Zu viel wird das für ihn, als er in einer überhasteten Aktion einen Mann erschießt, obwohl die Tat als Notwehr gewertet wird.
Spielboden Dornbirn: Mi 18.3. bis Do 9.4.

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