Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Walter Gasperi · 10. Sep 2020 · Film

Aktuell in den Filmclubs (11.9. - 17.9. 2020)

Der FKC Dornbirn und die Leinwandlounge in der Remise Bludenz zeigen diese Woche den vielfach preisgekrönten Dokumentarfilm "Honeyland". In die Welt des Schamanismus entführt dagegen beim Filmforum Bregenz Fabienne Berthauds Spielfilm "Un monde plus grand – Eine größere Welt".

Honeyland: Ljubomir Stefanov und Tamara Kotevska begleiten in ihrem für zwei Oscars nominierten Dokumentarfilm die nordmakedonische Wildimkerin Hatidze Muratova. Als sich im ausgestorbenen Dorf in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft eine nomadisierende Familie niederlässt, wird deren Alltag empfindlich gestört. Während sie nämlich im Einklang mit der Natur lebt und die Bienen nicht ausbeutet, kennt die von einem Patriarchen geleitete Familie, in der im Gegensatz zur Sanftheit Hatidzes auch ein äußerst rauer Umgangston herrscht, keine Rücksicht.
Berauschend sind die Bilder der kargen und abgeschiedenen Landschaft Nordmakedoniens und des wie Gold leuchtenden Honigs. Spannend ist auch der Ansatz, im engen Raum dieser Berglandschaft das globale Problem der verheerenden Folgen eines rein am Profit orientierten Wirtschaftsdenkens auf Mensch und Natur zu schildern, doch allzu einfach gestrickt werden die beiden Pole in diesem Film, in dem dokumentarisches Beobachten und dramatische Inszenierung ineinander fließen, einander gegenübergestellt.
FKC Dornbirn im Cinema Dornbirn: Mi 16.9. , 18 Uhr + Do 17.9., 19.30 Uhr
Leinwandlounge in der Remise Bludenz: Mi 16.9., 19 Uhr


Un monde plus grand – Eine größere Welt:
Um über den Tod ihres Mannes hinwegzukommen, bricht eine Französin (Cécile de France) zu Tonaufnahmen für einen Dokumentarfilm in die Mongolei auf, findet dort aber Zugang zu einer anderen, schamanischen Welt.
Offenheit gegenüber Spirituellem und Irrationalem verlangt dieser Film, der auf der wahren Geschichte von Corine Sombrun beruht, die sich in der Mongolei zur Schamanin ausbilden ließ und heute mit Neurologen und Gehirnforschern zusammenarbeitet, um die mentalen Mechanismen hinter den Trancezuständen zu verstehen und beispielsweise für therapeutische Zwecke zu nutzen.
Nur in Inserts des Nachspanns wird Letzteres angerissen, im Zentrum des Films stehen die grenzenlose Trauer Corines und deren Überwindung durch ihr Eintauchen in die schamanische Welt. Nicht nur zu zittern, sondern auch wie ein Wolf zu heulen beginnt sie dabei beim Trommelschlag der Schamanin und an Nahtoderfahrungen erinnern die Bilder einer erleuchteten Tür am Ende eines dunklen Gangs, die sie in Trance sieht.
So spirituell aber auch diese Erfahrungen sind, so nüchtern und sachlich ist doch die Inszenierung Fabienne Berthauds. Sie vereinnahmt den Zuschauer nicht, drängt ihm das Schamanische nicht auf, sondern erforscht das Fremde mit spürbarer Neugier und lässt den Zuschauer diese Welt zusammen mit der zunächst sehr skeptischen Corine langsam entdecken.
In großartigen Totalen fängt die Kamera von Nathalie Durand dabei die weite Weide- und Waldlandschaft der Mongolei ein und die Grenzen zwischen Dokumentarischem und Inszeniertem verschwimmen bei der ausführlichen Schilderung des nomadisch-bäuerlichen Lebens des Volks der Tsataan. Mit Ausnahme der Schamanin Oyun sind so auch alle Rollen der Mongolen mit Laien besetzt und Corines Begleiterin und Dolmetscherin wird von der Frau gespielt, die vor 20 Jahren auch die "echte" Corine begleitete.
Trotz der realen Geschichte von Corine Sombrun und dem schamanischen Kontext ist aber die große Liebe zum verstorbenen Mann Triebfeder und Herz des angenehm zurückhaltend inszenierten Dramas. Eindrücklich vermittelt Cécile de France nicht nur Corines Trauer und Verlorenheit, sondern auch ihre anfängliche Skepsis gegenüber dem Schamanismus und die Befreiung durch das immer tiefere Eintauchen in diese Welt.
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Do 17.9., 20 Uhr



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