"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Walter Gasperi · 28. Feb 2019 · Film

Aktuell in den Filmclubs (1.3. - 7.3. 2019)

Der Spielboden Dornbirn startet in Kooperation mit pro mente die heurige Filmreihe zum Thema „Psychische Krankheiten“ in Anwesenheit von Regisseur Stefan Bohun mit dem Dokumentarfilm „Bruder Jakob, schläfst du noch?“ – Auch in Andelsbuch wird der Film in Anwesenheit des Regisseurs gezeigt. Beim FKC Dornbirn – und in der folgenden Woche beim Filmforum Bregenz – steht das libanesische Sozialdrama „Capernaum – Stadt der Hoffnung“ auf dem Programm.

Bruder Jakob, schläfst du noch?: Am 14. Jänner 2014 nahm sich der Anästhesist Jakob Bohun, der seit den späten 1990er Jahren in Portugal lebte und arbeitete und dort auch eine Familie mit Frau und zwei Töchtern hatte, in einem Hotelzimmer mit Medikamenten das Leben. Zwei Jahre später beginnt sein Bruder Stefan mit seinen drei Brüdern David, Johannes und Matthias filmisch die Beziehung zu Jakob und das traumatische Ereignis aufzuarbeiten.
Begleitet von einem Brief einer portugiesischen Kollegin Jakobs, in dem sie über seine Liebe zu Tirol schreibt, und ausgelöst durch Jakobs letztes Facebookfoto des Lareintals, brechen die vier Brüder zu einer Wanderung in dieses Tal auf, sprechen über ihre Wut über den Selbstmord ebenso wie über ihre Enttäuschung, nicht um Hilfe gebeten worden zu sein, machen sich aber auch Vorwürfe, die Zeichen nicht erkannt zu haben. - Wenn das Bild dabei mehrmals nur die Hälfte der Leinwand füllt, die Hälfte schwarz bleibt, macht dies auch visuell schmerzlich die Leerstelle sichtbar, die der Freitod hinterlassen hat.
Von den österreichischen Bergen geht es nach Portugal, wo sie begleitet von einer Anästhesie-Kollegin und Freundin Jakobs Arbeitsstätte und schließlich das Hotelzimmer aufsuchen, in dem er aus dem Leben schied. – Und doch steht am Ende eine gewisse Befreiung, wenn die Brüder entsprechend dem von der portugiesischen Kollegin erzählten Traum Jakobs von einer Tour auf einen verschneiten Berg diese Tour für ihn und quasi mit ihm nachvollziehen.
Stefan Bohun gelang ein ruhiger und leiser Dokumentarfilm, fern von jedem Voyeurismus, der dem Schmerz nachspürt, den der Tod, speziell der Freitod eines nahen Menschen, hinterlässt. Der Film ist dabei auch eine Therapie, bei der die Brüder durch die intensive Auseinandersetzung mit dem Verlust lernen damit umzugehen. – Seltsame Leerstellen bleiben dabei aber Jakobs portugiesische Familie und die Eltern der Brüder.
Spielboden Dornbirn: Mi 6.3., 19.30 (in Anwesenheit des Regisseurs Stefan Bohun) + Do 4.4., 19.30 Uhr
Bahnhof Andelsbuch: Do 7.3., 20 Uhr – mit anschließendem Podiumsgespräch mit dem Regisseur Stefan Bohun

Capernaum – Stadt der Hoffnung:
Der etwa zwölfjährigen Zain (Zain Al Rafeea) wurde zwar wegen eines Gewaltverbrechens zu fünf Jahren Haft verurteilt, klagt nun aber seinerseits seine Eltern an, und wirft ihnen vor, ihn in die Welt gesetzt haben.
Grotesk wirkt dieser Vorwurf zunächst, doch die folgenden Rückblenden zeichnen ein erschütterndes Bild von Zains Leben: Mit zahlreichen Geschwistern schläft er in einem engen Raum, tagsüber muss er für einen Händler Gas- und Wasserflaschen schleppen, um zum Lebensunterhalt beizutragen. Fürsorglich kümmert er sich um seine elfjährige Schwester, doch als er nicht verhindern kann, dass sie von den Eltern verheiratet wird, haut er ab und streift durch die Straßen von Beirut.
Ganz aus Zains Perspektive erzählt Nadine Labaki, die beim Prozess auch selbst dessen Anwältin spielt, und versetzt den Zuschauer mit beweglicher Kamera und genauem Blick für Details in dessen Welt.
Die größte Stärke dieses bewegenden Sozialdramas sind aber zweifellos die Laiendarsteller, deren Rollen sich teilweise an ihrem eigenen Schicksal orientieren. Voll Empathie blickt Labaki auf sie, ergreift leidenschaftlich Partei und klagt mit aller Schärfe die Erwachsenen an, die sich nicht um die Kinder kümmern (können), sondern rücksichtslos ausbeuten.
FKC Dornbirn im Cinema Dornbirn: Mi 6.3., 18 Uhr + Do 7.3., 19.30 Uhr
Filmforum Bregenz im Metrokino Bregenz: Do 14.3., 20 Uhr + Sa 16.3., 22 Uhr