Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Walter Gasperi · 15. Aug 2010 · Film

Akteull in den Filmclubs (16.8. - 22.8. 2010)

Easy Rider: Einer DER Kultfilme schlechthin, Inbegriff für den filmischen Aufbruch im US-Kino Ende der 60er Jahre und Ausdruck der gesellschaftlichen Stimmung dieser Zeit ist Dennis Hoppers Regiedebut. Steppenwolfs Song „Born to be wild“ steht programmatisch am Beginn. Von einem Auf- und Ausbruch erzählen Hopper und Peter Fonda (Drehbuch), von zwei Motorradfahrern, die versuchen die Freiheit und ein Land zu finden, das einst "Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten" genannt wurde. Die Ost-Westbewegung der Siedler wird dabei aber umgekehrt, denn die Fahrt auf ihren umgebauten Harley Davidsons führt Wyatt und Billy, bei denen schon die Namen auf die mythische Geschichte Amerikas, auf Wyatt Earp und Billy the Kid, anspielen, in die entgegen gesetzte Richtung, von Los Angeles nach New Orleans. Und ihre Suche nach dem gelobten Land, nach den USA ihrer Träume ist keine Fahrt in die Freiheit, sondern eine Reise durch ein zerstörtes Land, in dem engstirnige Bürger und Behörden überall Grenzen setzen.
Als Motorradfilm ist „Easy Rider“ geprägt von Marlon Brandos Auftritt in „The Wild One“ ebenso wie von Roger Cormans „The Wild Angels“, völlig neue Wege ging Hopper aber im Musikeinsatz. Speziell für den Film geschrieben wurden die meisten Popsongs und statt begleitende und emotionalisierende Funktion hat die Musik hier eine kommentierende Aufgabe und tritt gleichberechtigt neben die Bildebene.
Mit geringem Budget gedreht entwickelte sich „Easy Rider“ nicht nur rasch zum Kassenschlager, sondern revolutionierte auch (vorübergehend) das amerikanische Filmsystem. Das alte Studiosystem dankte endgültig ab, Experimente waren nun möglich und junge Regisseure kamen vermehrt zum Zug. – Ohne "Easy Rider" und seinen Erfolg wäre das „New Hollywood“ und der kometenhafte Aufstieg Coppolas, Scorseses, Spielbergs, Altmans und Ashbys wohl kaum möglich gewesen.
KULT-Kino im Kino Bludenz: Di, 17.8., 20 Uhr


Die Frau mit den fünf Elefanten: Die fünf Elefanten: das sind die großen Romane Fjodor Dostojewskijs: „Verbrechen und Strafe“, „Die Brüder Karamasov“, „Der Idiot“, „Böse Geister“, „Ein grüner Junge“. Die Frau: das ist die 1923 in der Ukraine geborene Swetlana Geier, die zwischen 1992 und 2007 diese Romane aus dem Russischen neu ins Deutsche übersetzt hat.
Vadim Jendreyko zeichnet in seinem unter anderem mit dem Schweizer Filmpreis ausgezeichneten Dokumentarfilm nicht nur ein einfühlsames Porträt dieser 85-jährigen Übersetzerin, sondern vermittelt auch einen Eindruck von der Schwierigkeit, die der Prozess des Übersetzens darstellt. Humor kommt auf, wenn Geier ihre Assistentin oder einen Musiker empfängt, mit denen sie ihre Fassungen noch einmal durchgeht und auf sachliche Richtigkeit und Klangmelodie prüft. Geiers Charisma und ihr völlig natürliches Agieren vor der Kamera, das von einer großen Vertrautheit zwischen ihr und dem Regisseur zeugt, tragen den Film. Spannende und ungewöhnliche Einblicke in ihre Arbeit vermittelt sie, wenn sie beim Bügeln über das Gewebe, das auch ein Text darstellt, oder beim Schneiden von Zwiebeln über die Schalenstruktur von Dostojewskijs Romanen spricht.
Wenn Jendreyko die alte Frau auf einer Reise in ihre ehemalige Heimat begleitet, die sie seit ihrer Flucht mit der deutschen Wehrmacht im Jahre 1943 nicht mehr besucht hat, weitet sich das Porträt zum biographischen Film mit bewegenden Einblicken in die Gräuel, die Stalinismus und Zweiter Weltkrieg mit nationalsozialistischer Okkupation und Flucht nach Deutschland brachten. Weitgehend ausgeklammert bleibt dagegen die Nachkriegszeit.
Indem sich Jendreyko ganz auf die Perspektive seiner Protagonistin beschränkt und fast nur sie zu Wort kommen lässt, gelingt ihm ein äußerst feinfühliges und warmherziges Porträt. Vorwerfen kann man „Die Frau mit den fünf Elefanten“ einzig das Fehlen jedes kritischen Akzents und von Statements von anderen, von Bekannten oder Verwandten, die den Blick weiten, aber auch Reibungen und Ambivalenzen aufkommen lassen könnten.
FKC Dornbirn in den Weltlichtspielen Dornbirn: Do, 19.8., 19.30 Uhr + Fr, 20.8., 21.30 Uhr