Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Walter Gasperi · 14. Aug 2010 · Film

25. Alpinale – Kurzfilmfestival Nenzing

Mit der Preisverleihung ging die 25. Alpinale am Samstagabend im Nenzinger Ramschwagsaal zu Ende. Sechs Goldene Einhörner und der Preis „vorarlberg shorts“ wurden in den verschiedenen Kategorien vergeben. Gemeinsam war den ausgezeichneten Filmen, dass sie weitgehend in Bildern erzählten und der Dialog eine deutlich untergeordnete Rolle spielte.

Trotz durchwachsenen Wetters, das an drei von fünf Abenden zum Ausweichen vom Ramschwagplatz in den Saal zwang, konnte mit 2600 BesucherInnen ein neuer Zuschauerrekord erzielt werden. Dies ist sicher auch dem großen Interesse am Kinderfilmfest zu verdanken. Der Abschlussabend war allerdings mit geschätzten 80 ZuschauerInnen eher mäßig besucht. Mehr noch als die Zahl verwunderte bei der Preisverleihung die Absenz von Vertretern aus Politik vom Nenzinger Bürgermeister Kasseroler bis zu Kulturlandesrätin Kaufmann sowie von Medienvertretern. Dies steht in seltsamem Widerspruch zu den ständigen verbalen Äußerungen über die Bedeutung der Alpinale.

Keine „Quickies“ sondern Kurzfilme

„Quickies“, von denen in den VN am 12.8. die Rede war, gab es dann auch am Abschlussabend nicht zu sehen, sondern richtige Kurzfilme – auch wenn nicht alle ausgezeichneten Filme gleichermaßen zu begeistern wussten. Etwas seltsam wirkt da beispielsweise die Entscheidung in der Kategorie „vorarlberg shorts“: 15 Filme wurden eingereicht, fünf für die Alpinale ausgewählt. Schon verwunderlich, dass hier auch ein Film aufgenommen wurde, bei dem einzig die Kamerafrau Marie-Thérèse Zumtobel Vorarlbergerin ist, die Regisseurin Vanessa Gräfingholt und die Hauptdarstellerin aber aus Deutschland kommen. Zu gering scheint hier der Vorarlbergbezug für diese Kategorie.
Mit der filmischen Qualität von „Carmen“ hat dies freilich nichts zu tun, aber auch über diese kann man sicher streiten. Reichlich exhibitionistisch wirkt es nämlich, wenn die filmende Tochter ihre Mutter bei der Schönheitspflege durch den Tag begleitet – aber in Zeiten von Facebook gehört es ja fast schon zum guten Ton sein Privatleben möglichst öffentlich zu machen.

Zwischen Afrika und Europa

Auch nicht ganz zu überzeugen vermochte „Uwe + Uwe", der in der Kategorie Hochschulfilme ausgezeichnet wurde. Lena Liberta erzählt darin von einem kontaktscheuen Trucker, in dessen LKW sich eine afrikanische Flüchtlingsfamilie einschleicht. Will Griesgram Uwe die unliebsamen Mitfahrer zunächst loswerden, wird er doch zunehmend in ihr Schicksal und Leben hineingezogen. Das ist zwar nett,  für das ernste Thema vielleicht aber doch zu leicht, ja leichtfertig erzählt. Da geht doch der eine oder andere Lacher auf Kosten der bedauernswerten Migranten.
Solche Misstöne gibt es in „Penicillin“, der mit dem Publikumspreis ausgezeichnet wurde, nicht. Mit dokumentarischem Anstrich erzählt Mike Viebrock von einer jungen afrikanischen Ärztin, die während einer Meningitis-Epidemie in Ghana einem Jungen begegnet. Nur wenige Worte benötigt Viebrock, vertraut auf die Bilder und vermittelt eindringlich die medizinische Misere in dieser Region.

Außenseitergeschichten

Ohne Worte kommt „Betty B. & the The´s“ aus. Da reicht das Lachen eines Personalchefs um die Demütigung für den kleinwüchsigen Protagonisten deutlich zu machen. Zunächst hängt Tobias dann am Hafen herum, ehe es ihn in eine Bar verschlägt. Einsam sitzt er am Tresen, bis die große Betty B. mit ihrer Band auftritt – und die Liebe ausbricht. – Als schöne, kleine, souverän erzählte Geschichte könnte man das ansehen, wäre nicht jeder Schauplatz, jede Einstellung und selbst das Rot des Kleides von Betty und das Blau des Hemds von Tobias ein Zitat. Jede Einstellung schreit hier: „Ich kenne meinen Kaurismäki“ – und mit dem epigonalen Zitieren, bei dem auf jede eigene Note, jeden Dreh ins Ironische oder jedes anderweitige Spiel mit dem Vorbild verzichtet wird, schleicht sich das Leben aus dem Film von Felix Stienz und eine kalte Stilübung bleibt zurück. Zugute halten muss man dem Regisseur allerdings, dass er sein Vorbild nicht verheimlicht, sondern sich im Nachspann beim finnischen Meisterregisseur bedankt.
Der schönste Film des Abends erhielt das Goldene Einhorn für den besten Animationsfilm. Marek Skrobecki erzählt in „Danny Boy“ von einem jungen Mann, der sich in einer grauen Stadt, in der nur kopflose Menschen leben, verliebt. Weil er aber nur durch Anpassung zur Angebeteten finden kann, schreitet er zur blutigen Tat – und im Hintergrund schlägt ein Flugzeug in einen Twin Tower ein. Mit Liebe zum Detail, atmosphärisch dicht durch die Reduzierung auf Grautöne und mit einigen starken Farbtupfern am Ende entwickelt Skrobecki wunderbar poetisch eine berührende Geschichte über das Anderssein und den Zwang zur Anpassung.

Preis der Jury für harte Kost

Harte Kost wurde dagegen mit dem Preis der Jury ausgezeichnet. Marcus von Horn erzählt in "Echo" in strengen Bildern und kalten Farben von zwei Jugendlichen, die mit der Polizei ihren grausamen Mord nochmals rekonstruieren müssen. – Kein leichter Film, aber ein stark gespielter kompromissloser und eindringlicher, den man nicht so schnell vergisst.