Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Gunnar Landsgesell · 25. Okt 2019 · Film

After the Wedding

Solides Remake des gleichnamigen Films von Susanne Bier, in dem nun Michelle Williams als Waisenhausmutter aus Indien nach New York anreist, um von der beinharten Unternehmerin Julianne Moore einige Millionen zur finanziellen Rettung abholen will. - Nur um von der eigenen Vergangenheit gehörig eingeholt zu werden.

Auch wenn dieser Film mit lichtdurchfluteten Bildern eines indischen Waisenheims beginnt, in dem sich Michelle Williams (als Isabel) mit blondem Kurzhaarschnitt liebevoll um die Kleinen kümmert – in weiterer Folge wird davon kaum noch berichtet werden. „After the Wedding“ schwenkt schon bald zu seinem zweiten, eigentlichen Schauplatz und bleibt dort stecken: New York, zu sehen in Form von nachtschwarzen Bars, dunklen Büroräumen und einem auch nicht gerade fröhlich inszenierten Millionärsdomizil. In New York empfängt die Unternehmerin Theresa (Julianne Moore) die Idealistin Isabel, um deren verschuldete NGO-Einrichtung in Indien mit ein paar Millionen an Charity-Geldern zu unterstützen. Dann kommt alles anders. Theresa lädt Isabel zur Hochzeit ihrer Tochter ein, wo Isabel in Theresas Mann ihren Ex-Mann erkennt. Damit bricht am Tag der Hochzeit ein Familiendrama los, das in immer neuen Verstrickungen über Schuldgefühle und Schuldzuweisungen die Aufmerksamkeit zu binden weiß. Der Stoff ist vielschichtig, wirkt phasenweise etwas plakativ: Regisseur Bart Freundlich (Julianne Moores Ehemann, die wiederum den Film koproduziert hat) schneidet Gespräche über Hummer für die Hochzeitstafel mit der Armut im indischen Waisenhaus gegen, so dass es auch wirklich jeder versteht. Dann verliert sich diese kritische Haltung zugunsten eines intensiven Familiendramas, in dem es stärker um persönliche Verantwortung und auch die Geister der Vergangenheit geht.

Flacher, aber innere Spannung 

„Nach der Hochzeit“, so hieß der Originalfilm der dänischen Regisseurin Susanne Bier, die ganz in ihrem Stil zwischen prononciertem Arthouse und breiterer Publikumsausrichtung ein facettenreiches Drama inszenierte, in dem sich stellenweise ruppig die Konflikte entluden. Bart Freundlich ist da schon mehr Hollywood verpflichtet, in fast unsichtbaren Schnitten und einer weniger expliziten Erzählhaltung findet sich die Geschichte in eine US-amerikanische Konfliktkultur eingebettet. Eigentlich ist Michelle Williams die Hauptfigur, in der die Frage nach Schuld und Kompensation kulminiert, was Williams durch ein stark nach innen gewendetes Spiel auch verkörpert. Aber Julianne Moore gehört eigentlich das Parkett, sie macht jene Ambivalenzen spür- und sichtbar, um die Biers Erzählung eigentlich gebaut wurde. (Bei Bier sind die Hauptpersonen übrigens Männer.) Mit welcher Abgeklärtheit und Härte Moore ihre Geschäfte führt und Millionen für Arme bereitstellt, zeugt von einer glasklaren schauspielerischen Haltung. Die Ambivalenzen in Williams Figur, als Mutter zu versagen und zugleich auf einer abstrakteren Ebene für viele Kinder verantwortlich zu sein, sind weniger deutlich sichtbar. Die Frage, ob es das Remake eines gelungenen Films braucht, lässt sich ebenfalls nicht eindeutig beantworten. Aber man kann es so sehen wie bei der Musik, wo Neuinterpretationen zu anderen stimmungsmäßigen Eindrücken führen. Auch wenn Freundlich sich nicht weit vom Original entfernt und die Charaktere weichspült, gelingt es ihm dennoch, eine erstaunliche innere Spannung hochzuhalten. Vor allem durch Moore und Williams.