Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Peter Füssl · 04. Nov 2010 · CD-Tipp

Youn Sun Nah: Same Girl

Die in Frankreich lebende koreanische Sängerin Youn Sun Nah gehört zu den absoluten Senkrechtstartern in der europäischen Jazz-Szene, ihr letztes Jahr veröffentlichtes Album „Voyage“ öffnete ihr die Tore zu den angesehensten Clubs.

Allerdings ist sie alles andere als eine Diva im klassischen Sinn, sondern glänzt neben ihrer perfekt ausgebildeten, wandlungsfähigen Stimme vor allem auch durch Wagemut und Experimentierfreude. So hat man den fast schon zu Tode gespielten Rodgers/Hammerstein-Klassiker „My Favorite Things“ schon lange nicht mehr so frisch und unverbraucht genossen, von Youn Sun Nah mit spärlichsten Mitteln selber auf der Kalimba begleitet. Dieselbe Behandlung erfährt Randy Newmans „Same Girl“, und hier wird einmal mehr klar, welch brillante Balladensängerin Youn Sun Nah ist. Sie versteht es aber auch, die emotionalen Ebenen des Blues auszuloten („Moondog“), oder legt – nur von der Akustikgitarre begleitet – die überraschend schönen Strukturen des „Metallica“-Songs „Enter Sandman“ frei – vom lyrischen Gehalt bis zur furiosen Extase. Der hervorragende Gitarrist Ulf Wakenius, mit dem die Sängerin öfters im Duo auftritt, steuert mit „Breakfast In Baghdad“ eine energiegeladene Eigenkomposition bei, auf der Youn Sun Nah auf Teufel komm raus scattet und somit auch für die Präsentation dieser Facette ihres vielseitigen Könnens ein passendes Vehikel gefunden hat. Ihre witzige Seite betont die Sängerin mit ihrer Eigenkomposition „Pancake“, auf der sich auch alle Bandmitglieder nochmals in Szene setzen können,  ehe sie mit „La Chanson d’Hélène“, das in der Fassung von Romy Schneider und Michel Piccoli berühmt wurde,  gemeinsam mit Roland Brival einen unglaublich stimmungsvollen Schlusspunkt setzt. Gott sei Dank gibt’s eine Replay-Taste!
(ACT/Vertrieb: Jürgen Rottensteiner)