Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Peter Füssl · 28. Feb 2019 · CD-Tipp

Yonathan Avishai: Joys and Solitudes

Der aus Israel stammende Pianist Yonathan Avishai hat schon vor fünf Jahren in seinem ebenfalls in Frankreich lebenden Landsmann Yoni Zelnik am Kontrabass und dem griechisch-stämmigen Franzosen Donald Kontomanou an den Drums kongeniale Partner gefunden, um ein Repertoire zu entwickeln, in dem die respektvoll-kreative Beschäftigung mit der Jazzgeschichte und die Suche nach neuen Ausdrucksformen eine perfekte Balance gefunden haben. So ziehen sich etwa klassische Blues- und Swing-Elemente – aus dem Blickwinkel eines Pianisten betrachtet, der sich auch mit Cecil Taylor und den Entwicklungen danach auseinandergesetzt hat – als interessante Komponenten durch die Musik dieses Klaviertrios.

Mit Duke Ellingtons Standard „Mood Indigo“ als Opener, den er mit überraschenden Stil- und Stimmungswechseln arrangiert hat, gibt Yonathan Avishai auch den Grundtenor für die sieben folgenden Eigenkompositionen vor: „Irgendwann wurde mir klar, dass ich mit weniger Noten mehr ausdrücken konnte.“ Dementsprechend verzichtet der Pianist auf Opulenz und virtuose Kraftmeierei zugunsten einer in die Tiefe gehenden Musikalität, verliert sich aber auch nicht in der Abstraktion, sondern beschert den Musikliebhabern eine durchwegs genussvolle knappe Stunde voller Emotionen – zwischen lyrisch-romantisch, melancholisch, spielerisch leicht und lässig swingend. Einige Stücke haben eine interessante Entstehungsgeschichte, so reagiert Avishai etwa mit „Tango“ auf das Album „Ojos Negros“ von Dino Saluzzi und Anja Lechner, das bei ihm einen Monat lang auf „heavy rotation“ lief. In „Les Pianos De Brazzaville“ verarbeitet er die Eindrücke von zwei Reisen in den Kongo. Und das mit 12:17 Minuten längste Stück „When Things Fall Apart“ ist eine Auseinandersetzung mit der Komposition „Into The Silence“ (12:12 Minuten) seines Langzeit-Weggefährten, des Trompeters Avishai Cohen. Als Mitglied von dessen auf zwei exzellenten ECM-Alben dokumentierter Band ist Yonathan Avishai erstmals einem größeren Publikum bekannt geworden. „Joys and Solitudes“? Weit mehr von Ersterem, denn Einsamkeitsgefühle lässt dieses mit großer Intensität, Sensibilität, Einfallsreichtum und stets spürbarer Spielfreude realisierte Trio-Projekt keine aufkommen.

(ECM/Vertrieb: www.lotusrecords.at)