Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Peter Füssl · 23. Sep 2011 · CD-Tipp

Wilco: The Whole Love

Falls jemand anlässlich der 2009-er Veröffentlichung „Wilco (The Album)“ befürchtet hatte, die Herren aus Chicago hätten sich nun endgültig auf einem – zwar beachtlichen – Mittelmaß eingependelt, darf sich in Anbetracht der erfreulichen neuen Produktion „The Whole Love“ über eine Entwarnung freuen. Tweedy und Co. wollten wohl für das letzte Album bei Warner Music nicht schon das ganze musikalische Pulver verschießen – jedenfalls waren ihre Depots offensichtlich überquellend voll an musikalischen Ideen, als sie den Erstling auf ihrem eigenen Label produzierten.

Der mittlerweile anscheinend von allen Ängsten, Süchten und Depressionen befreite Songschreiber soll jedenfalls in einem kreativen Anfall sechzig Kompositionen aus dem Ärmel geschüttelt haben, von denen nun das beste Dutzend in Jeff Tweedys Loft in Chicago aufgenommen wurde. Es macht sich auch positiv bemerkbar, dass mit Tweedy, John Stirratt (bass), Glenn Kotche (drums), Mikael Jorgensen (keyboards, synthesizers), Nels Cline (e-guitar, slide-guitar, ukulele, lap steel, dobro) und Patrick Sansone (guitars, percussion, piano, mellotron) offensichtlich endlich eine stabile Bandbesetzung gefunden wurde, die nun schon die dritte CD eingespielt hat. Ein absoluter Rekord in der 17-jährigen Band-Geschichte. Jedenfalls bieten Wilco auf „The Whole Love“ alles, was die Fans an ihnen lieben: einfallsreichen, leicht Country-orientierten Alternative-Rock, abwechslungsreiches Instrumentarium, mitunter bis ins Noisige reichende elektronische Soundexperimente, schlicht meisterhafte Gitarrenpassagen, stimmungsvolle, introvertierte Balladen und locker-flockige, aber doch immer wieder mit allerlei Kunstgriffen entglättete Indie-Pop-Perlen oder witzige Rückgriffe in die Musikgeschichte wie das swingende „Capitol City“. Allein schon das zwölfminütige, in seiner Unaufgeregtheit aufregende, geradezu hypnotisierend wirkende Schlussstück „One Sunday Morning“ – vom großartigen Songschmied Jeff Tweedy mit gedämpfter, aber doch unter die Haut gehender Stimme interpretiert und mit Vibraphon und Glockenspiel wirkungsvoll aufgepeppt – macht das achte Album im Oeuvre dieser großartigen Band zu einem Meisterwerk.
(dBpm/ANTI/Vertrieb: www.rottensteiner-pr.at)