Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Peter Füssl · 21. Sep 2011 · CD-Tipp

Viktoria Tolstoy: Letters To Herbie

Da in den letzten Jahren fast überall, wo Viktoria Tolstoy draufsteht, auch ein bisschen Nils Landgren drinsteckt, ist es nicht weiter verwunderlich, dass die schwedische Sängerin, die vor allem durch die Pop-orientierte CD „White Russian“ und „Shining On You“, ihr Album mit Esbjörn Svensson-Songs, bekannt geworden ist, nun eine Hommage an keinen Geringeren als Herbie Hancock vorlegt.

Funk-Meister Landgren hat das Album produziert, sein „Funk Unit“-Saxophonist Magnus Lindgren hat alle, zum Teil sehr ausgefeilten Bläser-Arrangements und – gemeinsam mit Lindgren und Tolstoy – auch das Titelstück geschrieben. Wenig verwunderlich also, dass ein Schwerpunkt auf Stücken aus Herbie Hancocks Funk-Periode in den 1980er Jahren liegt. Aber auch mustergültig interpretierte Gustostückchen aus anderen Perioden des stilbildenden Starpianisten sind vertreten, etwa „Butterfly“, der Opener seines 1974 erschienenen Fusion-Klassikers „Thrust“, oder die wunderschönen Balladen „Come Running To Me“ vom 1978er Album „Sunlight“ und „Chan’s Song“ von Hancocks vielfach ausgezeichnetem Soundtrack für Bertrand Taverniers Film „Round Midnight“. Um der Klischee-Falle zu entgehen hat Viktoria Tolstoy auf die ohnehin schon oft gecoverten Klassiker „Cantaloupe Island“ oder „Watermelon Man“ lieber gleich verzichtet und stattdessen die Hancock-Hommage mit einer wunderschönen Version des Coltrane-Klassikers „Naima“ und dem unverschämt groovenden Pastorius-Song „Come On, Come Over“ als Bonus-Track aufgefettet. Es gelingt Tolstoy, die aus sehr unterschiedlichen Perioden stammenden Songs mit ihrer klaren, unprätentiösen Stimme wie aus einem Guss erscheinen zu lassen. Und ganz sicher ist der musikalische Ausflug von Leos Ururenkelin Viktoria in die Hancock-Welt weit überzeugender gelungen, als der von Hancock selber mit großem Staraufgebot allzu glatt produzierte Trip in die Pop-Welt, der letzthin als „The Imagine Project“ erschienen ist.
(ACT/Vertrieb: www.rottensteiner-pr.at)