Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Peter Füssl · 16. Mär 2022 · CD-Tipp

Spoon: Lucifer On The Sofa

Die Corona-Pandemie hat – auch musikalisch betrachtet – viel Nachdenkliches, Introvertiertes, Verzweifeltes und vorsichtig Hoffnungsvolles zutage gefördert, die Indie-Rocker Spoon versuchen uns hingegen mit der „Old-School Power of Rock’n’Roll” aus den Löchern zu locken und von der Couch zu scheuchen. Auf dem Sofa habe sich nämlich – so Spoon-Mastermind und Sänger Britt Daniel – nicht wirklich der „Teufel” des Titelsongs breitgemacht, sondern vielmehr unser innerer Schweinehund, der uns antriebslos und verbittert, voller Selbstmitleid, in Angststarre verharren lässt. Es ist ein düsterer Nachtsong, zu dem sich Daniel auf einem nächtlichen Spaziergang durch das ausgestorbene Austin inspirieren ließ.

Nach mehreren Jahren in L.A. war 2018 der Großteil der Band wieder in jene texanische Stadt zurückgekehrt, wo 1993 alles begonnen hatte. Und auch musikalisch besann man sich – nach mehreren, durchaus interessanten Versuchen mit elektronischen Effekten und Synthesizer-Flächen – wieder auf die gitarrenlastigen Anfangszeiten. Man bastelte die Songs nicht mehr nur aus Soundfragmenten zusammen, sondern erarbeitete sie während der gemeinsamen Proben – mit ZZ Top, den Stones oder CCR im Hinterkopf – und spielte sie dann gleich schon auf ziemlich schnörkellosem Live-Niveau ein. Ende 2019 hatten Britt Daniel, Drummer Jim Eno, Keyboarder Alex Fischel und die Neuzugänge Gerardo Larios an der Gitarre und Ben Trokan am Bass schon fast alles im Kasten, dann zögerte aber die plötzlich einsetzende Pandemie samt Lockdowns die Fertigstellung und Veröffentlichung letztlich doch noch zwei Jahre hinaus. Das Album wird mit der einzigen Fremdkomposition „Held“ eröffnet, einem 1999 von Bill Callahan für die Band Smog geschriebenen Lo-Fi-Song, der von Spoon mit verzerrten Gitarren und harten Drums einem Härtebad unterzogen wird. Auch „The Hardest Cut“ nimmt über harte Riffs und einen shuffleartigen Rhythmus an Fahrt auf. High-Energy-Pakete sind „Wild“ oder „Feels Alright“, für willkommene Abwechslung sorgen das soul-rockige „The Devil & Mister Jones“, das folkige „Astral Jacket“ oder „My Babe“ und „Satellite“, die verträumt starten, aber noch ordentlich aufdrehen. Das zehnte Album sollte eigentlich zum 25-Jahre-Jubiläum der eigenwilligen Texaner erscheinen – irgendwie ist es für die Band Rückblick und Zukunftsvision in einem geworden. 

(Matador)