Michele Rabbia / Gianluca Petrella / Eivind Aarset: Lost River
Der vielseitige norwegische Gitarrist, der bereits einige für dieses Genre wegweisende Alben, etwa Nils Petter Molvaers „Khmer“ oder „Solid Ether“, mit unkonventionellen Soundtüfteleien veredelte, hat im italienischen Drummer und Elektroniker Michele Rabbia einen Bruder im Geiste gefunden, der sich als erfindungsreicher Impulsgeber erweist. Die beiden spielen etwa im Andy Sheppard Quartet zusammen, viel wichtiger für das aktuelle Projekt sind aber die vielen Duo-Konzerte, in denen sie ihre unverwechselbare Klangsprache entwickeln konnten. Die großteils frei improvisierten Stücke führen den Zuhörer in sich geruhsam entfaltende, äußerst detailreiche Klanglandschaften, in denen Atmosphärisches über gängige Melodien, Harmonien oder durchgängige rhythmische Strukturen dominiert. Rabbias Landsmann Gianlucca Petrella, durch Engagements bei Enrico Rava und Giovanni Guidi in der internationalen Jazzszene bestens bekannt, fügt den elaborierten Soundlandschaften mit seinem ausdrucksstarken Posaunenspiel nicht nur weitere reizvolle Farbschattierungen hinzu, sondern erdet sie auch mit etwas vertrauteren Klängen. Daraus ergeben sich ausgesprochen reizvolle Kontraste, die das musikalische Geschehen beleben und sich dennoch stets organisch in den Gruppensound integrieren. In diesem außergewöhnlichen Spannungsfeld aus Improvisationsmusik und Ambient Music liegen die größten Überraschungen manchmal im Gewöhnlichen – etwa Aarsets konventionelle Gitarrenakkorde auf „What Floats Beneath“ – die hätte an dieser Stelle wohl niemand erwartet. Ein ideales Album, um sich kurz mal aus dem Alltag wegzubeamen – fragt sich nur, ob man dann nochmals zurück will.
(ECM/Vertrieb: www.lotusrecords.at)