Florian Weber: Lucent Waters
„Ich mag Transparenz, aber zu viel davon kann das Geheimnisvolle verschwinden lassen. Und ich mag auch Geheimnisvolles, so wie ich Dinge mag, die unausgesprochen bleiben, und Noten, die nicht gespielt werden“, erklärt der deutsche Pianist Florian Weber zu seinem ECM-Debüt als Leader. In der Tat versteht es der 41-Jährige, der auch mit seinen Ensembles Minsarah und Biosphere erfolgreich war und an der Seite des Saxophonisten Lee Konitz international bekannt wurde, sich souverän im Zwischenreich von Komponiertem und frei Improvisiertem zu bewegen und seinen Mitstreitern so viel Freiraum wie möglich zu lassen, damit sie die Musik mit ihren individuellen Qualitäten aufladen können.
Ihn interessierten vor allem die Unterschiede zwischen den Musikern und ihren Improvisationsansätzen, so Weber, der drei exzellente US-Mitstreiter an Bord geholt hat. Mit dem grandiosen Trompeter Ralph Alessi verbindet ihn schon eine 15-jährige, vielfältige Zusammenarbeit, und die Kontrabassistin Linda May Han Oh, die man vor allem vom Dave Douglas-Joe Lovano Quintet und von Pat Metheny her kennt, lernte er bei Lee Konitz kennen. Mit Nasheet Waits spielte er hier zum ersten Mal, der empfiehlt sich allerdings schon allein durch seine grandiose Arbeit auf Alessis ECM-Alben „Baida“ und „Quiver“ für dieses Projekt. Bei „Lucent Waters“, in dem Florian Weber auch Sinneseindrücke und veränderte Perspektiven, die er beim Tauchen erfahren hat, verarbeitet, spielt der Aggregatzustand des Wasser tatsächlich eine wesentliche Rolle, ist sozusagen immer alles am Fließen, entwickelt sich, nimmt überraschende Wendungen, gewinnt an Fahrt und findet wieder Ruhe. Waits malt an seinem Schlagzeug Rhythmen, kommentiert sensibel, treibt voran, setzt Impulse und ergänzt sich so perfekt mit der stärker geerdeten Kontrabassistin Oh. Weber versteht sich exzellent auf impressionistische Klangmalereien, sorgt aber auch auf höchst kreative, kraftvolle Weise für dynamischen Drive und lässt Hochkomplexes einfach erscheinen. Ralph Alessi veredelt sensibel und kraftvoll zugleich mit seinem farbenreichen, dunkel timbrierten Trompetenspiel „From Cousteau’s Point Of View“, „Butterfly Effect“ und „Fragile Cocoon“ und macht diese drei Stücke zu den besonderen Glanzlichtern auf „Lucent Waters“.
(ECM/www.lotusrecords.at)