Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Peter Füssl · 10. Jun 2019 · CD-Tipp

Esperanza Spalding: 12 Little Spells

Mit 20 Jahren ist sie die jüngste Dozentin aller Zeiten am renommierten Berkeley College of Music in Boston geworden, seit 2017 hat sie eine Professur an der Harvard University, hat vier Grammys zuhause und sieben Studioalben produziert, die von Kritik und Publikum begeistert aufgenommen wurden. Dabei macht es die geniale Bassistin/Sängerin/Komponistin Esperanza Spalding ihren Fans nicht eben leicht, denn sie agiert völlig unvorhersehbar, sucht zunehmend extreme Herausforderungen und entwickelt sich immer weiter – vielleicht vergleichbar mit Björk – in Richtung eines stets innovativen, personifizierten Gesamtkunstwerkes

Mit dem 2016 veröffentlichten Album „Emily’s D+Evolution“ – einer Art exzentrischer Art-Rock-Musical Revue – startete sie den Reigen ausgefallener Konzeptalben. 2017 nahm Spalding permanent in Live-Streams über das Internet mitverfolgbar ohne Pause in 77 Stunden das Album „Exposure“ im Studio auf, das sie dann in einer limitierten Auflage von 7777 Stück verkaufte. Und dann die „12 Little Spells“, also Zaubersprüche, von denen sie ab 7. Oktober 2018 täglich einen samt dazugehörendem, extravagantem Video im Internet veröffentlichte und nun – auf 16 Titel aufgefettet – auch als physischen Tonträger präsentiert. Inspiriert von der japanischen Heilkunst Reiki und ihren 12 heilenden Handpositionen widmet Esperanza Spalding jeden Song einem Körperteil oder einer Körper-Seele-Geist-Konstellation, wobei sie sich vor Expeditionen in esoterische Gefilde keineswegs scheut. Allerdings vertraut sie auf die heilenden Kräfte der Kunst, speziell jene der Musik. Gemeinsam mit langjährigen Mitstreitern wie dem Gitarristen Matthew Stevens oder Drummer/Organist/Synthie-Spezialist Justin Tyson braut sie in ihrem musikalischen Hexenkessel ein zum Teil köstliches, zum Teil schwerverdauliches, auf jeden Fall aber faszinierendes Gemisch aus überdrehtem Musical, filmmusikartiger Orchestermusik, Spoken-Word-Performance, Prog-Rock, Neo-Funk, Pop, Gospel, Electronics und Elementen aus verschiedensten Jazzstilen. Auf vielfältige Art verzahnt mit diesem schrägen Soundtrack sind die nicht weniger kreativen, experimentierfreudigen und facettenreichen Lyrics, die gerne ins Magische und Spirituelle abdriften. Manchen mögen die „12 Little Spells“ wohl so verrückt erscheinen, dass die mittlerweile 34-Jährige es für notwendig befand, auf ihrer Homepage darauf hinzuweisen, dass sie keine psychoaktiven Substanzen konsumiere.

(Concord/Universal)