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Peter Füssl · 06. Mär 2019 · CD-Tipp

Dominic Miller: Absinthe

Dass er knapp dreißig Jahre lang für Sting Gitarre spielte, machte den 1960 in Argentinien geborenen und in den USA und England aufgewachsenen und ausgebildeten Dominic Miller in Pop- und Rock-Kreisen bekannt. Sein nunmehriges Engagement bei ECM wird ihn nun auch rasch in die erste Liga der musikalischen Feinspitze katapultieren, denn von Label-Chef und Produzent Manfred Eicher geschickt hinterfragt, inspiriert und angespornt, läuft er nach seinem vorwiegend als Solo- und Duo-Projekt aufgebauten Debut-Album „Silent Light“ nun im Quintett-Format zu ganz großer Form auf.

Zu „Absinthe“ ließ sich Miller einmal vom südfranzösischen Luberon inspirieren, wo er zehn Jahre lang mit seiner Familie lebte und wo die einzigartigen Lichtverhältnisse und der tückische Mistral einstmals schon die Impressionisten auf ihren eigenständigen Weg in eine Malerei jenseits aller gesellschaftlichen Normen und kommerziellen Überlegungen führten – nicht zuletzt auch unter Einfluss der titelgebenden „Grünen Fee“. Beim Schreiben der zehn neuen Eigenkompositionen hatte Miller aber auch seine exzellenten Mitmusiker und deren spezielle Begabungen im Kopf. Allen voran ist hier der Bandoneon-Virtuose und Meisterschüler Dino Saluzzis, Santiago Arias, zu nennen, der nicht nur solistisch brilliert, sondern den Stücken auch mit seinem breiten Spektrum an Klangfarben eine ganz besondere Atmosphäre verleiht, die perfekt mit den von Dominic Miller aus den abwechselnd mit Stahl- und Nylonsaiten bespannten Akustikgitarren gezauberten Melodien harmoniert. Mitunter verblüffend sind auch die Beiträge des als Gründungsmitglied der britischen Funk-Pop-Band Level 42 bekannt gewordenen Keyboarders Mike Lindup, der sein Instrumentarium nach allen Regeln der Kunst aber stets unaufdringlich und songdienlich ausschöpft. Der gleichermaßen sensible wie schlagkräftig agierende Drummer Manu Katché und der belgische Bassist Nicolas Fiszman, dessen Spiel und Intonation Dominic Miller mit der „Vornehmheit eines großen Wales“ vergleicht, bilden das ideale Rhythmusgespann für diese gleichzeitig fein gesponnenen wie auch energievoll wirkenden musikalischen Kleinode. Beide zählen auch schon seit vielen Jahren zu Millers Weggefährten, man kennt sich nicht zuletzt auch aus der Band von Sting, den der Gitarrist als Vorbild beim Komponieren nennt. So wie dieser seine Songs forme, versuche er selber Erzählungen mit den Mitteln der Instrumentalmusik zu erschaffen, die er formal eigentlich wie Lieder behandle. Tatsächlich hat sich Dominic Miller aber spätestens mit „Absinthe“ von seinem Langzeit-Chef erfolgreich abgenabelt und spielt in einer eigenen Kategorie.

(ECM/Vertrieb: www.lotusrecords.at)