Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Peter Füssl · 05. Apr 2012 · CD-Tipp

Bruce Springsteen: Wrecking Ball

Wo Bruce Springsteen draufsteht, ist auch Bruce Springsteen drinnen. Darauf kann man sich auch beim 17. Studioalbum des Bosses verlassen, der nun seit ziemlich genau vierzig Jahren höchst erfolgreich im Geschäft ist und trotz seiner ansehnlichen Sammlung von einem guten Dutzend Grammies nie in den Verdacht gekommen ist, sich irgendwelchen billigen Marktmechanismen anzubiedern.

Dieser Mann hat kein Glaubwürdigkeitsproblem, weil er immer gesagt und gesungen hat, was Sache ist. Man glaubt es ihm, wenn er voller Zorn die Auswüchse des Raubtierkapitalismus an den Pranger stellt, die macht- und geldgeile Polit- und Finanzelite geißelt und ob des deprimierenden Ist-Zustandes wütend gegen ein Gefühl hoffnungsloser Verzweiflung ankämpft. Der „American Dream“ ist längst am Arsch, daran lässt Springsteen keinen Zweifel, aber er ist ganz sicher keiner, der deshalb die Hände in den Hosentaschen vergräbt und tatenlos auf Hilfe von oben oder von sonst irgendwoher wartet. So wie man ihm Wut und Verzweiflung glaubt, nimmt man ihm auch seinen Optimismus, der durchaus ins Hymnische umschlagen kann, ab: „We take care of our own“ lautet das Motto Springsteen’schen Selfempowerments. Dass Bruce Springsteen mit einer außergewöhnlich ausdrucksstarken und unverwechselbaren Stimme gesegnet ist, macht es ihm natürlich leichter, die wenig verschlüsselten Botschaften seiner leicht verständlichen und trotzdem nie banalen Lyrics an Mann und Frau zu bringen. Und er weiß genau, wie man das Ganze stadiontauglich vertont, ohne musikalisch die Hose runterlassen zu müssen. Die elf Songs – ob rockorientiert oder balladenhaft, hymnisch oder gospelgetränkt, irisch angehaucht oder mit Bläsern aufgefettet, gefiedelt oder gepfiffen, oder manchmal auch alles zusammen – wirken alle so, als ob man sie schon mal so ähnlich gehört hätte. Trotz gelegentlicher Drumloops und kleiner Rap-Einlagen hat Springsteen seine musikalische Welt nicht neu erfunden. Das hat wohl auch niemand erwartet. Aber er trifft mit seinen Songs so direkt den Nerv der Zeit wie schon lange nicht mehr – und nicht nur in den Vereinigten Staaten. Zeilen wie „The road of good intentions has gone dry as a bone“ oder „all our little victories and glories have turned into parking lots“ oder „gambling man rolls the dice, working man pays the bill“ werden auch hierzulande verstanden. Und wo bei weniger glaubwürdigen Songwritern möglicherweise der Kitschalarm aufheulen würde, bläst beim Boss höchstens mal ein Dudelsack.
(Columbia/Vertrieb: Sony Music)