Anna Hints‘ preisgekrönter Dokumentarfilm „Smoke Sauna Sisterhood“ ist derzeit in den Vorarlberger Kinos zu sehen.
Karlheinz Pichler · 15. Nov 2019 · Ausstellung

Vom Lauf der Dinge und vom individuellen Glück - Kunsthaus Bregenz gibt Einblick in das Programmjahr 2020

Das Kunsthaus Bregenz (KUB) plant für 2020 wie gewohnt wieder vier große Einzelausstellungen zum Schaffen von Künstlerpersönlichkeiten, die am internationalen Kunstparkett aktuell wesentliche Akzente setzen. Darunter befindet sich mit der erst 29-jährigen Texanerin Bunny Rogers die bislang jüngste Position, die im KUB je gezeigt wurde. Bei den weiteren Protagonisten handelt es sich um Peter Fischli, Anri Sala sowie Dora Budor.

Wie KUB-Chef Thomas D. Trummer anlässlich der Präsentation des Programms für das nächste Jahr betonte, werden 2020 neben der Architektur, die für jeden Kunstschaffenden immer eine große Herausforderung darstellt, zwei Fragen im Vordergrund stehen: „Die eine fragt nach dem Stand der Dinge, die andere nach dem individuellen Glück,“ so Trummer. Und beide fänden ihren Ausgang im Werk des Schweizer Künstlerduos Fischli/Weiss.      

Bunny Rogers     

Zum Auftakt des neuen Programmjahres bespielt die 1990 in Houston geborene Künstlerin Bunny Rogers die vier Etagen des KUB (18.1.-13.4.). Im Werk der außergewöhnlichen Künstlerin verschmelzen Fiktion und Realität, Imagination und physische Präsenz zu Konstrukten, deren veränderte Wahrnehmung für eine neue Generation steht. Rogers erzeugt oft schwermütige Stimmungen, die durch musikalische Untermalungen verstärkt werden. Im „Zollamt“ des Museums für moderne Kunst in Frankfurt zum Beispiel ließ sie Anfang dieses Jahres ein Environment erstehen, das aufgrund von psychedelisch bläulich schimmernden Materialien und einem ungeheuren Tiefseegeschöpf von grüngelblicher Masse und Tentakeln voller Noppen im Zentrum gleichsam unheimliche Züge annahm. Ein wesentliches Thema in Rogers Schaffen sind aber auch amerikanische Begräbnisrituale. In Bregenz will sie gemäß Trummer unter anderem den Amoklauf an der Columbine High School von1999 aufzuarbeiten versuchen.     

Fischli ohne Weiss      

Die Frühlingsausstellung (25.4.-5.7.) bestreitet der 1952 in Zürich geborene Künstler Peter Fischli. Zusammen mit David Weiss (geboren 1946 in Zürich), mit dem er von 1979 bis zu dessen Tod 2012 zusammenarbeitete, ist er unter der „Künstlermarke“ Fischli/Weiss weltberühmt geworden. Ihre bekannteste Arbeit ist der Film “Der Lauf der Dinge“, der 1987 während der Documenta 8 zu einem Publikumserfolg wurde. Auch nun allein arbeitend, bedient sich Peter Fischli einer großen Bandbreite der künstlerischen Ausdrucksformen, vom Film über die Fotografie und Künstlerbücher bis hin zu Plastiken aus unterschiedlichsten Materialien und Multimedia-Installationen. Seit etwa zwei Jahren werkt er an kleinen Skulpturen aus Karton, die Alltagsgegenstände nachahmen. Trummer: „Sie wirken wie Readymades, sind jedoch gebastelt. Es geht um Effekte der Imitation, der Täuschung, der Mimikry.“
Fischli war bei der Programmpräsentation persönlich anwesend, wollte sich von den zahlreichen Medienvertretern in Bezug auf seine KUB-Ausstellung aber noch nicht in die Karte blicken lassen. „Die Suppe ist noch am Kochen,“ so der Schweizer.      


Anri Sala      

Die große Sommerausstellung vom 18. Juli bis 11. Oktober 2020 ist dem aus Albaniens Hauptstadt Tirana stammenden und in Berlin arbeitenden Künstler Anri Sala (45) gewidmet. Sala, der mehrfach an der Biennale Venedig teilnahm, beschäftigt sich mit dem Zusammenspiel von Ton und bewegtem Bild. In Bregenz werde er unter anderem mit einer verfilmten Elegie von Igor Strawinsky aus dem Jahr 1944 aufwarten, lässt Trummer wissen. Der Clou dabei: Auf dem Bogen des Bratschisten kriecht eine Schnecke empor.      

Dora Buder      

Ausklingen wird das KUB-Ausstellungsjahr 2020 mit der in New York lebenden Kroatin Dora Budor (35), die im Sommer dieses Jahres bereits in einer großen Ausstellung in Basel zu sehen war. Wie in Basel wird sie sich auch in Bregenz (24.10.2020-10.1.2021) mit der Architektur des Hauses auseinandersetzen. Budor kreiert immer wieder beunruhigende Ausstellungserfahrungen mit Kunstwerken, deren Formen von unsichtbaren Kräften gesteuert werden. Nach Ansicht Trummers wird Budor einen besonderen Beitrag „zur Frage nach der Physik der Dinge im Zeitalter ihrer digitalen Substitution“ leisten.      

Sammlungsschaufenster

Von diesen vier zentralen Ausstellungen abgesehen, wird in räumlicher Nähe zum KUB vom 27.6. bis 31.8. wieder ein "KUB Sammlungsschaufenster" stattfinden. Konkret soll im Postgebäude ein Querschnitt aus der umfangreichen Grafiksammlung König-Lebschik präsentiert werden, die als Donation an das KUB gekommen ist. Der gebürtige Vorarlberger Thomas König hat zusammen mit seiner verstorbenen Frau Erika Lebschik in mehr als 40 Jahren über 3.000 Originalgrafiken internationaler Künstler zusammengetragen. Darunter befinden sich Stücke von so renommierten Leuten wie etwa Joan Miró, Arnulf Rainer, Maria Lassnig, Daniel Spoerri oder Franz West.

Die jeweiligen Großausstellungen werden, wie in den vergangenen Jahren üblich, wieder mit Billboards an der Seestraße in den öffentlichen Raum erweitert. Und außerdem ist wieder ein umfangreiches Sommerprogramm geplant, wie etwa ein Freiluftkino, in dem die Lieblingsfilme der KünstlerInnen des Ausstellungsjahres 2020 ausgestrahlt werden.      

Bilanz 2019      

Im Rahmen der Medienkonferenz ließ KUB-Direktor Thomas D. Trummer auch das zu Ende gehende Ausstellungsjahr 2019 Revue passieren. Demnach wird man dieses Jahr auf eine Gesamtbesucherzahl von 53.500 kommen. Das sind um über 5.000 mehr als im letzten Jahr, als 48.310 gezählt worden, was einem Plus von fast 11 Prozent entspricht. Wie nicht anders zu erwarten, kamen mit 23.313 am meisten BesucherInnen zur Sommerausstellung von Thomas Schütte. Die Miriam-Cahn-Schau verbuchte 11.934 Personen. Für die aktuell noch laufende Raphaela-Vogel-Personale rechnet das KUB-Management mit gut 10.000 Interessierten, während Ed Atkons mit 8.308 BesucherInnen das Schlusslicht bildet. 
Was das Budget anbelangt, so standen dem KUB-Team, das gegenwärtig aus 17 Vollzeitstellen besteht, insgesamt 3,7405 Millionen Euro zur Verfügung. Davon wurden 2,804 Millionen vom Land beigesteuert, 900.000 Euro resultieren aus den Eigeneinnahmen des KUB und letztlich gab es noch 36.500 Euro Galerienförderung des Bundes für Kunstankäufe.

www.kunsthaus-bregenz.at