„Kaffee und Zucker?“ Dokumentartheater im TAK in Liechtenstein © Pablo Hassmann
Karlheinz Pichler · 16. Jul 2020 · Ausstellung

Wible, Mändle, Schwarzoberger, Lochar, Nudlar, Säckler, Blausar … Tone Finks Heimspiel in Schwarzenberg

Hockthrone, Sitzmänner im Buddha-Look, eine zehn Meter lange Panoramazeichnung, Texturen und viel Tierisches zeigt Tone Fink derzeit unter dem Titel „Gefinkelter Oxo Ton(e)spuren“ in und um den Gasthof Ochsen in Schwarzenberg. Die Gemeinde mit dem Postkarten-Dorfkern lädt ihren berühmten Sohn anlässlich ihres 750. Geburtstages zu einem großen Heimspiel.

Gemäss Tone Fink ist seine Werkschau in Schwarzenberg eine der bislang größten Präsentationen in seiner Künstlerkarriere. Zumindest habe ihm keine andere seiner bisher 350 Ausstellungen so viel Kopfzerbrechen und Arbeit bereitet. Die Vorbereitungszeit dafür habe rund zwei Jahre in Anspruch genommen, so das unverwüstliche „Enfant terrible“ der heimischen und überregionalen Kunstszene. Jedenfalls lässt Fink jetzt im Bregenzerwald kräftig aufblitzen, was er technikübergreifend so alles auf dem Kasten hat.     
Die Schau beginnt bereits im Außenbereich des Gasthofs. Nähert man sich dem Eingang zum Ochsen, so passiert man ein Garagentor, auf das ein Schriftbild gemalt ist. Die teils kuriosen Hausnamen von Schwarzenberg, in Großbuchstaben gesetzt, sind es, die hier zu lesen sind: Wible, Mändle, Schwarzoberger, Lochar, Nudlar, Säcklar, Blausar und viele andere. Und über der Eingangstür dann ein von ihm aus vergoldetem Draht geformter Ochsenschädel als Wirtshausschild. Im offenen Hof hinter dem Gasthaus finden sich silberfarbene „Benützungsfurnitures“ (Fink) zum Verweilen, außerdem hängen hier in der frischen Luft vier minimalistische Bildtafeln mit Bezug zum Ort. Diese vier „Schwarzenbergbilder“ seien erstmals gemeinsam zu sehen, so der Künstler.      

Aufstand der Tiere       

Im ehemaligen Stall und im Vorraum dazu weitere Skulpturen sowie Kuh-Zeichnungen. Außerdem sind hier die unzähligen Tiermasken zu bewundern, die Tone Fink im Rahmen der Vernissage für seine Prozessionsperformance „Aufstand der Tiere“ benötigt hatte. Dieser Umzug am 3. Juli um 20 Uhr darf übrigens als großer Publikumserfolg für den Künstler verbucht werden, säumten doch an die 300 Fans die Straße vom Gasthof Ochsen zum oberen und dann zum unteren Dorfbrunnen, der entlang sich die „Kunsthautdemonstration“ bewegte. Da sich über 70 TiermaskenträgerInnen an der Performance beteiligten, erreichte die Prozession eine impossante Länge. Die Tiermasken in Form von Stier-, Hirsch-, Schaf-, Fisch-, Insektenschädeln etc. bestehen jeweils aus einem Skelettgerüst aus Draht, das mit Pappmaschee aus Himalayapapier „eingehäutet“ wird. Haut ist ja eine ideale Metapher für die Schnittstelle zwischen Innen und Außen und Papier ein hervorragendes Substitut für Haut. Für Fink verkörpert es gleichzeitig ein aprobates Mittel für seine Manipulationsstrategien. Zu erwähnen ist, dass der „Aufstand der Tiere“ diesmal nicht wie in früheren Aufführungen laut und polternd, sondern in großer Stille und mit „archaischem Tiefgang“ vonstatten ging, was in Anbetracht des ansonsten immer gern Lärm verursachenden Tone Fink doch eher ungewöhnlich war. Von der Intention her richtete sich der „Aufstand“ vor allem gegen die Eintönigkeit des grauen Alltags. Außerdem soll es laut Fink auch ein Aufruf gegen das Artensterben sein, allerdings ohne erhobenen Zeigefinger. Unter den verschiedenen Schutzhäuten könne man auch zu seiner Identität finden, so der „Wälder“ Künstler.      

Bravzeichnungen       

Im Innenbereich des Ochsen werden in zwei Gaststuben an die zwanzig "Tiernaturabzeichnungen" in alten Goldrahmen, garniert mit Liebes-, Sinn- und Unsinnsprüchen, präsentiert. Es handelt sich dabei um eine Auswahl der Originalblätter, die in der vierbändigen Publikation „Tone Fink – Skizzen. Notizen 2010-2016“ abgebildet sind, die vergangenes Jahr anlässlich seines 75. Geburtstages in der „Bibliothek der Provinz“ erschienen ist.
Tone Fink selber bezeichnet die zwischen Aquarell und Farbzeichnung angesiedelten Tierdarstellungen als „Bravzeichnungen“. Und zwar deshalb, weil er die Tiere realistisch und fast fotografisch genau aus medialen Vorlagen abgezeichnet hat. Aber Fink wäre nicht Fink, hätte er nicht allen diesen „hetzigen Tierchen“ (Fink) eine Besonderheit angehängt. So hat er etwa einer Ziege, die schelmisch einen kleinen Zweig im Maul dreht, einen Smile aufgesetzt, sodass sich der Betrachter regelrecht ausgelacht fühlt. Oder einem am Boden ausgestreckt chillenden Eber hat er einen erigierten Penis, der sich gerade im Abspritzmodus befindet, dazugezeichnet.      
Im Gang im oberen Stock wartet dann auf den Ausstellungsbesucher ein großes Unikat-Zeichenbuch sowie weitere Buddha-Skulpturen, Zeichnungen sowie auch ein Gedicht an der Wand, das der Autor Max Lang aufgrund von Gesprächen mit dem Künstler verfasst hat.      
Im Festsaal des Gasthofs wird es monumental. Auf einer zehn Meter langen, in Mischtechnik gehaltenen Zeichnung, die an der Längswand befestigt ist, laufen vor dem Auge des Betrachters teils düstere, visualisierte Geschichten rund um das Thema Schwarzenberg wie ein Filmstreifen ab. Im Kontrast dazu besetzt ein dicht gereihtes Band von „Hockthronen zum Besitzen“ den Fußboden dieses Raumes.      

Narrohut      

Tone Fink ist nicht nur Zeichner, Maler, Objektkünstler und Performer, sondern er hat sich immer wieder auch als Filmemacher in Szene gesetzt. Bei vielen dürfte es wohl gemischte Reminiszenzen auslösen, dass sein Film „Narrohut“ aus dem Jahre 1982 am 15. August um 19 Uhr im Gasthof Ochsen zur Wiederaufführung gelangt. Die damalige Uraufführung dieses Films, in dem der Künstler das prüde, verlogene, erzkatholische und hinterwäldlerische Getue der Schwarzenberger und der Vorarlberger mit unzähligen Tabubrüchen aufs Korn nimmt, im Rahmen der „Kunststücke“ im ORF, löste einen handfesten Skandal aus und hätte den damaligen Programmmacher Wolfgang Lorenz um ein Haar den Job gekostet. Tone Fink selber sah sich wüsten Beschimpfungen und sogar Morddrohungen ausgesetzt.
Bevor es aber zu diesem Filmabend kommt, ist am 19. Juli (11 Uhr) im Ochsen noch eine Matinee mit einer Lesung von Tone Fink aus seinen „Skizzen und Notizen“ angesetzt. Für beide Veranstaltungen kann man sich unter info@schwarzenberg.at oder über die Telefonnummer +43 5512 3570 anmelden.       

Tone Fink: Gefinkelter Oxo Ton(e)spuren
Gasthof Ochsen, Schwarzenberg
Bis 30. August
Sa 11-17, So 10-17