Uraufführung des Stückes „Stromberger oder Bilder von allem“ im Vorarlberger Landestheater (Foto: Anja Köhler)
Karlheinz Pichler · 15. Jul 2021 · Ausstellung

Stadtbummel wird zum digitalen Erwin-Wurm-Kunsterlebnis – Stadt und Kunstraum Dornbirn realisieren ein Augmented Reality Projekt im öffentlichen Raum

Für den 1954 in Bruck an der Mur (Steiermark) geborenen Künstler Erwin Wurm war der öffentliche Raum seit jeher ein prädestinierter Ort, um mit Fat Cars, überdimensionalen Gurken, auf den Kopf gestellten Häusern oder vor allem mit seinen berühmten One Minute Sculptures unvermutet und direkt mit der Betrachterschaft in Kontakt zu treten. Daher ist es nur logisch, dass die Stadt Dornbirn und der Kunstraum Dornbirn diesen Objekt- und Konzeptkünstler ausgewählt haben, um ein „niederschwelliges“ Augmented Reality Projekt zu realisieren. Dabei geht es um die computergestützte Erweiterung der Realitätswahrnehmung im Raum.

Unter dem Titel "Kunst Raum Stadt" wurden an 16 Standorten im öffentlichen Raum digital erfaßte Skulpturen von Wurm virtuell platziert. Vor dem Eingang der Inatura etwa eine riesige Banane („Banana Levitating – One Minute Sculpture“), oder eine überdimensionale Polizeikappe („Police Cap Levitating – One Minute Sculpture“) vor dem Rathaus, oder eine fette Pistole („Black Gun Fat“) an der Ecke Bahnhofstraße/ Schulgasse. Über die App „Wikar“, die man aus dem Google Play Store oder Apples App Store herunterladen kann, können sich Interessierte über einen QR-Code am Boden die jeweiligen Skulpturen einblenden lassen. Freunde oder Bekannte können sich in unterschiedlichsten Posen zu den wie Hologramme im freien Raum stehenden Werken dazu stellen und fotografieren lassen. Die realen Leute scheinen mit den virtuellen Objekten direkt zu interagieren und zu einem gemeinsamen Bild zu verschmelzen. Schon nach dem ersten Tag scheint das Echo auf dieses Projekt enorm, wie die vielen schrägen Aufnahmen belegen, die bereits in den sozialen Netzwerken zirkulieren. Und genau dies wurde von den Initiatoren auch angestrebt, wie sie bei der Präsentation betonten.

Spezielle App

Entwickelt wurde die App „Wikar“ für das international tätige Netzwerk „Dariah“ (Digital Research Infrastructure for the Arts and Humanities) von Deanna Spivey. An diesem Netzwerk ist auch Jürgen Weishäupl beteiligt, der als Kurator und Projektverantwortlicher von „Kunst Raum Stadt“ fungiert, während Gerald Matt für den künstlerischen Teil zuständig ist.

Das Projekt ist gemäß Mitteilung aus den strategischen Partnerschaften für die Bewerbung zur Kulturhauptstadt heraus entstanden. Dornbirn könne somit gleichsam als Modellregion betrachtet werden. „Erstmals wird dieser digitale Zugang zu Kunst im öffentlichen Raum in Österreich möglich", betonte Dornbirns Bürgermeisterin Andrea Kaufmann. Finanziert wurde das Projekt mit Geldern des Bundes, der EU und der Stadt.
Der Projektverantwortliche Jürgen Weishäupl verweist darauf, das man mit „Kunst Raum Stadt“ den Versuche unternehme, die Digitalisierung, die man momentan überall verspürt, auch in die Kunst zu bringen. Er erinnert daran, dass das für Smartphones und Tablet entwickelte Spiel „Pokémon Go“ vor einigen Jahren einen Massenhype ausgelöst habe und rund um den Globus lauter virtuelle Lebewesen herumflitzten. Bis Ende 2018 wurde dieses Spiel über eine Milliarde Mal heruntergeladen. Solche Prozesse versuche man nun halt in die Kunst zu übersetzen. Dabei sei das Dornbirner Projekt bewußt niederschwellig gehalten, damit möglichst viele Menschen daran partizipieren können.
Für den Künstler Erwin Wurm wiederum geht es nicht darum, einen retrospektiven Blick auf von ihm geschaffene Werke zu lenken, sondern vielmehr um die von ihm stets angestrebte Erweiterung des Skulpturenbegriffs um eine weitere Dimension, nämlich eben die virtuelle, zu ergänzen.

Kunst Raum Stadt
Dornbirn, an 16 verschiedenen Plätzen
Bis 31.10.21