Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Karlheinz Pichler · 12. Jul 2015 · Ausstellung

Oberflächliche Schönrederei zwischen Kultur und Wirtschaft

Im Rahmen der Art Bodensee fand in den Dornbirner Messehallen am vergangenen Freitag auch eine vom Senat der Wirtschaft und der Messe Dornbirn ogranisierte Enquete zum Thema „Kunst & Kultur im Dialog mit Wirtschaft“ statt. Eigentlich ein interesantes Thema. Leider hielt es überhaupt nicht, was es versprach. Beispielsweise wurden die Produktionsbedingungen, unter denen die zeitgenössischen Kunst- und Kulturschaffenden aller Disziplinen heute arbeiten müssen, nicht einmal an der Oberfläche angeritzt. Und typischerweise wurde von denjenigen, die von diesem Thema unmittelbar betroffen wären, nämlich die Kunstschaffenden, kein einziger zu einem Referat respektive zur Podiumsdiskussion eingeladen.

Dass eine Tagung über Kunst und Kultur die Art Bodensee bereichern könnte, zeigte sich schon rein an der Besucherzahl dieser Enquete. Zu Beginn der Veranstaltung war der Saal bis auf den letzten Platz gefüllt. Allerdings lichteten sich die Reihen im Verlaufe dieses Kulturtreffens sukzessive, und am Schluss war nur noch eine Handvoll Leute zugegen. Das hat mehrere Gründe. Zunächst hatte mit dem Kunstkritiker und freien Kurator Georg Schöllhammer der zweite Keynote-Redner neben Erhard Busek kurzfristig seine Teilnahme abgesagt. Weiters stellte der Moderator der Podiumsdiskussion, Axel Jablonski, permanent die falschen Fragen. Abgesehen davon, dass er mit unerträglich langen Monologen über seine persönlichen Erlebnisse mit Kunst ständig sich selbst ins Zentrum rückte anstelle der Podiumsteilnehmer. Und immerhin saßen mit Barbara Higgs vom Schauspielhaus Zürich, Christa Häusler von Häusler Contemporary, Andreas Rudigier, Direktor des vorarlberg museums sowie Michael Grahammer von der Hypo Vorarlberg keine uninteressanten Leute mit am Tisch.

Selbstbeweihräucherung


Langeweile und Oberflächlichkeit waren aber schon von Beginn an vorgegeben, denn allein die Begrüßungsreden von Axel Jablonski, Daniel Mutschlechner (Geschäftsführer der Messe Dornbirn und Senator im Senat der Wirtschaft), Andrea Kaufmann (Bürgermeisterin der Stadt Dornbirn) sowie Hans Harrer (Vorstand im Senat der Wirtschaft) dauerten geschlagene 35 Minuten. Wobei die Selbstbeweihräucherung des Senats der Wirtschaft durch Harrer extrem penetrant wirkte. Hier stellte man sich erstmals die Frage, worum es denn hier überhaupt geht.

Der Senat der Wirtschaft ist ein elitärer Verein, der laut eigenem Leitbild Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu einem globalen „Think Tank“ zusammenführen will. Zuoberst auf der Website des österreichischen Senats der Wirtschaft steht der Spruch von Marcus Tullius Cicero (106 - 43 v. Chr.): „Das Wohl des Volkes soll oberstes Gesetz sein.“ Nur, wenn man sich gegenwärtig in der Welt umschaut, auch in Österreich, scheint man kaum weiter von der Realisierung dieses Postulats entfernt gewesen zu sein wie heute.

Keynote über allgemeine Schauplätze


Dass Erhard Busek noch immer ein eloquenter Rhetoriker ist, bewies er mit seiner Keynote, die allerdings sehr allgemein gehalten war. Der ehemalige Vizekanzler gab einen historischen Bildungsabriss über das Zusammenspiel von Kultur und Wirtschaft, angefangen von Maximilian I., der nicht nur der zweite Habsburger auf dem Kaiserthron war und Kriege wie Hochzeiten nutzte, um die Macht der Dynastie auszubauen, sondern der auch Kunstwerke einsetzte, um seinen Nachruhm zu sichern, bis zum Zusammenspiel der großen Festspiele von heute mit der Wirtschaft. Für Busek garantiert die Wirtschaft das Leben und Überleben, während die Kultur für den menschlichen Faktor stehe.

Wald- und Wiesendiskussion


Bei der an Buseks Keynote anschließenden Podiumsdiskussion kamen wieder einmal Allgemeinplätze aufs Tapet. Es wurde herausgestrichen, wie gut das Zusammenspiel von Kultur und Wirtschaft bei den großen Festivals funktioniere. Na klar, hier handelt es sich um kommerzielle Veranstaltungen mit großer Umwegrentabilität, in deren Licht sich die Wirtschaft als Sponsor gut profilieren kann. Nur bleibt hier die zeitgenössische Kultur, sei dies die bildende Kunst, die Musik oder etwa experimenteller Tanz stets fast völlig ausgeschlossen.

Eigentlich wurde es im Rahmen dieses Podiumsgesprächs nur zweimal interessant. Erstmals, als Michael Grahammer von der Hypo wissen ließ, dass seine Bank mit 300.000.- bis 400.000.- Euro jeweils rund zehn Prozent des jährlichen Marketingbudgets in den Kultursektor fließen lasse, den Großteil davon in die Bregenzer Festspiele. Er erwarte aber, dass die Hypo von der Kultur im Gegenzug etwas dafür zurückerhalte. An diesem Punkt intervenierte Busek energisch. Gegen so einen Ansatz verwehre er sich, so Busek. Kunst und Kultur würden sich immer aus sich selbst heraus rechnen, so der Minister außer Dienst.

Den zweiten Aufreger verursachte der im Publikum sitzende Künstler Harald Gfader, der sich plötzlich ein Mikrophon schnappte und mit einem eindringlichen Statement auf die desolaten politischen Rahmenbedingungen verwies, unter denen die Kunstschaffenden in Österreich heute produzieren müssten. Er zählte einige Beispiele auf und erhielt sofort Buseks Schützenhilfe.

Anders aufziehen


Als Fazit bleibt nochmals zu konstatieren, dass ein Kunstkongress die Art Bodensee durchaus bereichern und aufwerten könnte. Nur müsste so ein Rahmenprogramm neutral organisiert und ohne politischen Hintergrund sein. Denn es ist nun einmal so, dass der Senat der Wirtschaft eine Art Privatclub der ÖVP ist. Neben Erhard Busek (Präsident) finden sich mit Benita Ferrero-Waldner oder Wilhelm Molterer lauter (ehemalige) ÖVP-Größen an vorderster Stelle. Und des Weiteren müssten die Kunstschaffenden selber zwingend in so eine Veranstaltung eingebunden werden, denn um sie geht es ja schließlich.