ANARTtheater "Die Insel in mir" © Roland Breuss
Peter Niedermair · 08. Sep 2021 · Ausstellung

„lost space“ Ausstellung in der Dornbirner Gewölbegalerie – „Kleiner Luger“

Unter den vielen sehenswerten Exponaten in dieser am 7. September 2021 eröffneten Ausstellung in der temporären Galerie im Kleinen Luger, in der Riedgasse 6 in Dornbirn, zählen vier kleinformatige 15x15 cm Tusche-Buntstift Arbeiten zu „Hölderlins Gedichten aus dem Turm, Frühling, Sommer, Herbst, Winter“ von Georg Vith. In „Hälfte des Lebens: Mit gelben Birnen hänget und voll mit wilden Rosen. ... Weh mir, wo nehm' ich, wenn. Es Winter ist, die Blumen, und wo. Den Sonnenschein“, 1804 im Tübinger Turm entstanden, geht es nur an der Oberfläche um sentimental-romantische Naturgefühle, wenn auch der Anfang einem klassischen Naturgedicht ähnlich ist. Der Text repräsentiert bei Friedrich Hölderlin, ebenso wie bei Goethe und Schiller, eine spätpolitische Sehnsuchtshoffnung, die durch den enttäuschenden Verlauf der Französischen Revolution nach 1789 entstanden war. Dieses an sich merkwürdige Hölderlin Gedicht in seiner poetischen Wortmelodie notiert in der künstlerischen Übertragung in Georg Viths künstlerische Formensprache, unter den von sechs rechteckigen abstrakten Buntstiftkompositionen verdeckten Hölderlinschen Textfragmenten, die im ursprünglichen Lyrik-Untergrund unlesbar bleiben.

Lost places – ein kurzer Blick in die Dornbirner Galeriengeschichte

Damit stelle ich den Bezug her zwischen dem Titel der Ausstellung „lost space“ des Vereins „OffenArt - Fördervereinigung Dornbirner Bildender Künstler*innen“ und der Geschichte der innerstädtischen Gewerbearchitektur, die immer wieder derartige „lost places“, aufgelassene Orte, als Galerien genutzt hat. Aktuell der vormalige Kleine Luger hier in der Riedgasse 6, die frühere Zündgalerie in der Marktstraße oder das lange Zeit als Galerie genutzte Schlossguggerhaus im Oberdorf. In der Stadt Dornbirn zieht sich ein roter Faden mit einer Spur von temporären Galerien durch die Architekturgeschichte. Mit diesem im aktuellen Zeitfenster aufgepoppten Gewölbekeller, dem ältesten Teil des Kleiner Luger Hauses, in einem von außen von der Riedgasse her gesehen nicht wirklich attraktiven Gewerbegebäude, steht die Stadt an einer kulturpolitischen Weggabelung und einer für die Dornbirner Kunstschaffenden wichtigen Entscheidung. Spürbar ist die derzeit zögerliche Haltung der Stadt Dornbirn gegenüber dieser neuformierten Gruppe von Künstler:innen, die gerade erst den „Offenraum“ gegründet hat, ein Verein, den der legendär bekannte „Wanted“ Schlagzeuger und langjährige Lehrer am Dornbirner Jazzseminar Benny Gleeson koordiniert. In diesem Verein sind über 30 Kunstschaffende organisiert, die seit langem aber leider erfolglos geeignete Räumlichkeiten in Dornbirn gesucht haben. Die gestrige Eröffnung der Ausstellung, die bis zum 29. September dauert, durch Bürgermeisterin Andrea Kaufmann, die in Begleitung des städtischen Kulturamtsleiters Roland Jörg kam, scheint das Interesse der Stadt an der Fortführung dieser Galerie zu signalisieren. Im Interesse der Stadt und der hier ansässigen Kunst- und Kulturschaffenden wäre die dauerhafte Einrichtung als Gewölbegalerie von großer Bedeutung. Die kulturelle Infrastruktur der größten Stadt des Landes würde ergänzend zu den schon bestehenden Kunsträumen eine wichtige Erweiterung erfahren.

OffenArt

Die Gruppe um den Offenraum hat bereits im vergangenen August an der Hatlerstraße beim Rhomberg Haus mit einem Schaufenster begonnen. Diese Schaufenster Protagonist:innen, die nun alle auch in dieser Gewölbekeller Galerie Ausstellung versammelt sind, fanden eine gelungene Fortsetzung ihrer künstlerischen Intentionen. Der Verein dieser vielen ambitionierten Künstler:innen zählt auf die Kooperationsbereitschaft der Stadt; derzeit nämlich ist die weitere Zukunft nach den beiden ersten vereinbarten Ausstellungen Ende Oktober dieses Jahres noch offen. Das seit der Auflassung des früheren Kleiner Luger Kindermöbel Fachgeschäftes vielseitig genutzte Objekt sollte – davon sind wir kulturpolitisch überzeugt – für städtische Kulturprojekte weiter genutzt werden. Das derzeit als Lagerräumlichkeit genutzte Geschäftshaus in bester Lage in der Mitte der Stadt leer stehen zu lassen, meinen auch die Künstler:innen im Vorstand des Vereins, Evelyn M. Fricker, Peter Wehinger, Bettina Bohne, Brigitte Jochum, Georg Vith und Sprecher Benny Gleeson, könne wohl nicht unbedingt das Kunstamen im Birnen-Gebet der Stadt sein. Die Kunstschaffenden hoffen also in diesen goldenen Herbst hinein auf gute Gespräche mit Bürgermeisterin Andrea Kaufmann und ihrem Kulturressortleiter Roland Jörg, die Gewölbegalerie als solche mit einem vernünftigen Nutzungsvertrag „bespielen“ zu können.
In der Kunst-Visitenkarte der Stadt Dornbirn wäre das ein wichtiges Signal. Der gestrige Eröffnungsabend von „OffenArt – Fördervereinigung Dornbirner Bildender Künstler*innen“ mit den zahlreichen Künstler:innen, Kunstschaffenden und Politiker:innen wurde äußerst positiv aufgenommen. Der gestern spürbar gewordene Spirit, der vor allem auch durch die sehr sehenswerten Exponate entsteht, sollte für weitere Gespräche genutzt werden. Dornbirn kann diesen Kunst-Humus im Herzen der Stadt sehr gut gebrauchen. In der Ausstellung vertreten sind Evelyn M. Fricker, Claudia Mang, Kurt Dornig, Alexander Waltner, Peter Langebner, der eingangs erwähnte Georg Vith, Waltraud Wehinger, Johannes Diem, Bettina Bohne, Marco Spitzar und Benny Gleeson.

„lost space“ bis 29. September, Finissage, 18 Uhr
Jeweils Mi, 17-20 Uhr und Sa, 10-13 Uhr
Nähere Informationen unter: benny.gleeson@hotmail.com